Die Kolleginnen und Kollegen bei InterFace sind begeisterte IT-Leute, die sich auf verschiedene Gebiete spezialisieren und sich zu diesen sehr gründlich informieren. Wenn sie besonders wichtige Nachrichten und Neuigkeiten finden, dann senden sie diese mir zu. Ich profitiere davon unheimlich, bin ich doch so immer auf dem Laufenden und spare mir den Aufwand des Recherchierens.
Zwischen Weihnachten und Neujahr hat mir z.B. Andreas Kustermann, unser Chefentwickler des XML-Textsystems dokumentSTAR (forumSTAR-Text), einen Link auf einen Golem-Artikel gesandt mit folgender Überschrift:
OpenOffice.org verliert Entwickler – Michael Meeks: OpenOffice.org ist ein zutiefst krankes Projekt.
Der Inhalt des Artikels in Kurzform: OpenOffice.org verliert Entwickler und ist auch aufgrund der Steuerung von oben in der Krise, eine Neuorganisation könnte Abhilfe schaffen und wäre dringend angeraten.
Als ich das gelesen hatte, war ich zuerst geschockt. Was würde passieren, wenn ein so relevantes OpenSource-Projekt wie OpenOffice „absaufen“ würde? Wäre das nicht ein Desaster für die ganze OpenSource-Bewegung und eine „Weltsoftwarekrise“ :-)? Ich habe mich aber schnell wieder beruhigt. Wahrscheinlich würde sich bei einer solchen Krise schnell eine Lösung finden wie z.B. die von Michael geforderte Überführung der Sourcen in eine Stiftung.
Dann hatte ich aber noch zwei tröstliche (und ein wenig ketzerische) Gedanken.
Erstens:
Vielleicht braucht man gar nicht mehr so viele Entwickler bei OpenOffice.org, weil man Software wie OpenOffice und MS-Office tatsächlich nicht mehr weiter entwickeln sondern nur noch ordentlich pflegen sollte. Nicht nur die Programme zur Texterstellung in beiden Systemen sind ein funktionaler Overkill, neue Funktionen bringen da nichts mehr. Und die große Innovation – wie z.B. eine einfache Generierung von Texten mit einem Finger (ich hätte da schon Ideen) erwarte ich von diesen alten Systemen auch nicht mehr.
Und zweitens:
Kann es sein, dass die Zeit von SW-Dinos wie MS-Office und OpenOffice zu Ende geht? Braucht man in einer modernen infomobilen Welt noch solch altmodische Software? Die Entwicklung ist im Fluß und für OpenSource-Entwickler gibt es doch wirklich interessantere Aufgaben als die Entwicklung an uralter Textsystem-Technologie. Die Wurzeln von OpenOffice liegen übrigens in Deutschland. Der 16-jährige Marco Börries gründete die Softwarefirma Star Division im Jahr 1985 in Lüneburg (zu diesem Zeitpunkt lief unser Textsystem HIT schon auf vielen UNIX-Systemen) – inspiriert von einem während seiner Schulzeit am Gymnasium Oedeme stattfindenden Schüleraustausch in einer Familie aus dem Silicon Valley. Das war der Beginn der Entwicklung von StarWriter und StarOffice als Alternative zu den vorhandenen Office-Paketen von Microsoft. Aufgrund der Anzeige eines Nachbarn beim Ordnungsamt wegen des Betriebs eines Geschäftes in einer Wohngegend siedelte er die Star Division von Lüneburg nach Hamburg um. Die Entwicklung von OpenOffice begann also vor 25 Jahren, gut 20 Jahre nach den Auftritten der Beatles im Star-Club zu Hamburg (1962). Und ich habe mich immer gefragt, ob der Name Star Division was mit dem Star-Club zu tun hat. Aber das weiß wahrscheinlich nur der Marco Börries.
Am 5. August 1999 verkaufte Marco übrigens die Star Division für 59,5 Millionen US-Dollar an die Firma Sun Microsystems.
RMD
P.S.
Hier noch ein paar mit diesem Thema verwandte Artikel, die auf Golem.de referenziert werden.
Neue Oberflaeche fuer OpenOffice.org (02.12.2008, http://www.golem.de/0812/63881.html)
OpenOffice.org 2.4.2 korrigiert Fehler (30.10.2008, http://www.golem.de/0810/63228.html)
Lotus Symphony setzt kuenftig auf OpenOffice.org 3.0 (05.11.2008, http://www.golem.de/0811/63386.html)
OpenOffice.org 3.0 steht zum Download bereit (12.10.2008, http://www.golem.de/0810/62884.html)
OpenOffice.org 3.0 nochmals verzoegert (07.10.2008, http://www.golem.de/0810/62792.html)
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