16 Wegmarken für freie und agile Schule.
Mit jedem Jahr, das ich älter werde, meine ich, dass wir deshalb in unserer Gesellschaft soviel unfassbaren Unsinn, Feindseligkeit und Grausamkeit erleben, weil wir von jung an in einer Art und Weise sozialisiert werden, die uns dann als Heranwachsende und „Erwachsene“ so viel Mist bauen lässt.
Wir werden bei unserer Sozialisierung eingewickelt.
Die erste Windel gleich nach der Geburt könnte eine Metapher für eine solche Einwicklung sein. Die Windel brauchen wir, weil wir sonst zu viel Spuren hinterlassen würden. Und die Einwicklung geht mit jedem Tag unseres jungen Lebens weiter. Wir lernen, was wir tun dürfen und was wir sein lassen müssen, was gut oder schlecht, was richtig oder falsch, was böse oder lieb ist …
Um uns wieder autonom „entwicklen“ zu können, müssen wir uns wieder „auswickeln“ – was natürlich schwer genug bis unmöglich ist.
Ich bewege mich in der Hoffnung (oder Illusion?), dass man als Eltern gemeinsam mit und unterstützt von der externen Instanz, die Schule genannt wird, das Lebensglück der nachfolgenden Generation viel besser hinkriegen könnte, als es derzeit passiert.
Als Reaktion auf meine Artikel zum Thema „Schule“ habe ich gelernt, dass nicht nur mich sondern viele andere Menschen eine große bildungspolitische Ungeduld plagt.
Dann lasst uns doch etwas tun!
In IF-Blog habe ich berichtet (Cristophine I), wie ich bei einem Besuch der Christophine in Marbach erlebt hatte, wie Schule gehen könnte oder müsste. Im Folgeartikel (Christophine II) dazu habe ich argumentiert, warum ich eine neue Form und Implementierung von Schule für zwingend notwendig halte.
Jetzt habe ich ein älteres, ein wenig verschüttetes Papier aus dem Umfeld der Freien Schule Christophine (FSC) entdeckt. Das Papier beschreibt 16 Wegmarken zur Positionierung der FSC. Für mich ist jede der in diesem Papier als „Wegmarke“ benannte Block eine Metapher für eine Dimension eines Denkprinzips, das eine freien Schule haben muss. Da ich es schade finde, wenn solche wertvolle Gedanken ungelesen in Schubladen liege, veröffentliche ich hier die 16 Wegmarken.
Die als Wegmarken bezeichneten Blöcke beschreiben jeweils eine Denk-Dimension und in ihrer Summe die Mentalität (heute auch als mindset bezeichnet), die eine freie Schule haben muss. Sie zeigen, wie Schulkinder, Eltern und Lehrer als die wichtigen Stakeholder einer freien Schule, aber auch Schulleitung und Kollegium als relevante Gremien denken und fühlen.
Gefunden habe ich die „Wegmarken“ als Gliederung der Standortbestimmung dieser besonderen Schule – der marbacher christophine. Ich gehe mal davon aus, dass auch die „Wegmarken“ aus der Feder von Lorenz Obleser stammen, dem „Vater“ der „Marbacher Pädagogik“.
In diesem Artikel steht die „christophine“ für mich als Metapher für „freie, agile und von Lehrern, Eltern und Kindern gemeinsam selbstorganisierte Schule“. Ich vermute, dass es mehr davon gibt und auch viele Pädagogen es genauso machen möchten. Da bin ich froh darüber, denn bald kommen die ersten meiner Enkel in die Schule.
In den folgenden 16 Wegmarken kommen Schulkinder, Lehrer, Eltern aber auch die Gremien wie Lehrerkollegium und Schulleitung zu Wort. Die Aussagen dieser „stakeholder von Schule“ erscheinen mir authentisch. Sie erläutern narritativ den in den Wegmarken definierten Anspruch der FSC (Freien Schule Christophine), die für mich ein herausragendes Muster für eine funktionierende, agile, selbstorganisierte und freie Schule ist. Die Wegmarke ist so ein Block mit Aussagen der Stakeholder, am Ende jedes Blocks wird (invers) die Bedeutung noch mal zusammengefasst.
Lassen wir jetzt ganz einfach die Wegmarken auf uns wirken. Vielleicht hilft es, wenn wir den Verstand kurz mal ausschalten und uns einfach für die Botschaften öffnen.
16 Wegmarken
Wegmarke 1 – Individualität in der Schule
Schulkinder
Ich mache Mathe, schreibe eine Geschichte, arbeite in meinem Schreibschriftheft, übe Rechtschreibung. Wir forschen, beobachten die Katze. Ich gehe hoch tanzen, spiele mit dem Diabolo draußen.
Eltern
Ich glaube nicht, dass ich als Lehrerin im Unterricht angemessen auf ein Kind reagieren könnte, wenn es sich so zeigen würde wie mein Sohn. Er ist schon sehr speziell.
Kollegium
Die Lösungswege der Kinder sind so unterschiedlich. Da war doch noch nie einer wie der andere.
Schulleitung
Wer weiß denn wirklich, wovon er redet, wenn er von Individualität spricht. Das war doch viel zu lange eine unbekannte Größe.
An der Christophine werden die Kinder ermutigt, sich immer wieder auszuprobieren, neu zu formulieren und zu gestalten. In dieser Kultur des Selbstbildens kann jeder, unabhängig von schulischer Leistungsfähigkeit, seine Individualität kennenlernen und seine Identität behaupten. Das gilt für die Schulkinder wie auch für die Erwachsenen. In solchem Umgang miteinander wächst die Anerkennung der Individualität des Gegenübers. Diese Gleichwürdigkeit bereichert den Schulalltag, da alle Schulangehörigen sich produktiv in die verschiedenen Lernprozesse des Unterrichts einbringen können.
Wegmarke 2 – Lernwege im Schulsaal
Schulkinder
Das mach ich nachher. Ich gehe zuerst lesen.
Eltern
Zum Glück sieht man bei dem Matheheft ja, wie weit die Kinder schon sind.
Schulkinder
Zu leicht? Aber das habe ich doch für N. gemacht. Der ist Erstklässler.
Kollegium
Warum spricht man bei Erwachsenen eigentlich von Weiterbildung und bei Kindern von Dazulernen?
Schulkinder
Jetzt möchte ich Schreibschrift lernen.
Schulleitung
Handlungsorientiert? Das hört sich gut an. Wichtiger ist mir, dass die Kinder sehen, dass sie zur Handlung befähigt sind.
Das Lernen der Kinder gehört nicht nur physiologisch zu den individuellsten und persönlichsten Vorgängen. Es bewegt sich in kognitiven, ästhetischen und sozialen Zusammenhängen. Die Schule Christophine begleitet die Kinder bei der Suche nach den erfolgreichen Lernwegen. Erfahrungen werden über alle Sinneskanäle ermöglicht, da schließlich auch gespeichertes Wissen auf verschiedensten Wegen abgerufen wird. Die individuellen Lernformen charakterisieren die unterschiedlichen Lerntypen. Mit unserer individualisierten Arbeit im offenen Unterricht helfen wir den Kindern mittels ihrer Erfolgserlebnisse ihre Frustrationsgrenzen kennen zu lernen und auch positiv verschieben zu können.
Wegmarke 3 – Selbstorganisation als Lernziel
Schulleitung Bitte tragt in eure Arbeitszettel ein, was ihr macht.
Kollegium
Das muss alles ich aufschreiben, die Kinder denken nicht dran und vergessen es.
Schulleitung
Du hast schon länger nix mehr gerechnet, oder?
Schulkinder
Heute habe ich Mathe gemacht, weil es meine Mutter gesagt hat. Sonst muss ich es daheim machen.
Schulleitung
Wenn mir ein Kind sagt, es langweile sich, dann sage ich nix. Wenn es fragt, was es machen soll, dann sag ich: mach Mathe. Das wird am liebsten verdrängt.
Eltern Seine Hausaufgaben macht er ganz alleine. Da gibt es nie Theater.
An der Christophine beziehen wir uns auf Erkenntnisse, die zeigen, dass Kinder selbst ausreichend schöpferisches Potenzial mitbringen, um Lernsituationen wahrzunehmen und sich auch selbst in diesen formulieren können. Kinder sind in der Lage ordnend im Sinne von schöpferischem Handeln ihre Umgebung mitzugestalten, um sie ihren Bedürfnissen anzupassen. Die Schule Christophine stellt den Schulkindern die entsprechenden Werkzeuge zur Verfügung, um ihnen in diesem Sinne den entsprechenden Raum zur Verwirklichung zu geben. An der Christophine wird allen Schulangehörigen die Möglichkeit eingeräumt, ihre eigenen Strukturen zu finden, da solcherart entwickelte Strukturen von größerer Stabilität sind. Dies gilt sowohl für das Lernen als auch für das Zusammensein.
Wegmarke 4 – Eigenaktivität und Zusammenarbeit
Schulkinder
Komm, ich zeige dir, womit du das ganz leicht raus kriegen kannst.
Kollegium
Wenn N. sagt, er macht nichts oder er nicht einmal etwas sagt, dann bin ich immer wieder kurz geschockt.
Schulkinder
Warum fragst du, ob mir das Spaß macht? Ich mache in der Schule nur Sachen, die mir Spaß machen. Deshalb mach ich manchmal eben eine Weile auch nix.
Wir habe in derselben Woche Geburtstag und sind gleich alt. Aber in der wievielten Klasse bist du?
Eltern
Immer wieder hören wir im Elterngespräch, dass er nix arbeitet. Ich habe dich das schon einmal gefragt: Meinst du, dass unser Sohn genügend lernt?
Christophine setzt deutlich auf die Eigenproduktion der Schulkinder. Aus ihr heraus entwickeln sich Fragen, die oft nach einer Fortsetzung in anderen Arbeitszusammenhängen rufen. Sei es nach Mitarbeitern oder Korrektoren, Motivatoren – Partner, die ein Stück Lernweg miteinander gehen. Dass die Schulkinder gerne auf Bewährtes in Form von strukturierten Arbeitsmaterialien zurückgreifen, ist Ausdruck des Bedürfnis nach gewährleistetem Lernfortschritt.
Wegmarke 5 – Selbstwirksamkeit
Kollegium
Dann geh ins Rathaus und sag das dort.
Schulkinder
Ich frag nachher den Busfahrer.
Eltern
Wir haben dann alle Bäckereien abgeklappert und haben nach dem Rezept für deren Nudeln gefragt.
Schulleitung
Da hast du recht. Es war nicht gut, dass ich das gesagt habe.
Eltern
Dass er aufs Gymnasium geht, ist nicht so wichtig. Hauptsache, er findet in den kommenden Monaten zu sich selbst und kann sich wieder auf die Schule freuen.
Kollegium
Ich will nicht, dass du so frech zu mir bist.
Schulkinder
Jetzt lass ihn doch ausreden …
Lernen ist kein Hinarbeiten auf einen späteren Zustand, sondern Freude auf diesen, wie es der Philosoph Peter Sloterdijk darlegt: „Lernen ist Vorfreude auf sich selbst. Diese Vorfreude auf den nächsten eigenen Zustand ist das, worauf es ankommt.“ Die Schule Christophine besteht darauf, dass der Erhalt der ursprünglichen Lernfreude und die beim Lernen entwickelte Kreativität und Selbstwirksamkeit bedeutsam bleiben. Mag auch die Leichtigkeit verloren gehen, mit der ein Mensch einst lernte: Lernte er stets mit Freude, so kann er auch später noch gerne lernen.
Wegmarke 6 – Soziale Kompetenzen
Schulkinder
Guck doch auf den Schulkompass. Das ist bei uns der sechste Finger, das Miteinander.
Eltern
Das hat mich schon beeindruckt, wie souverän sich jedes Kind da hingestellt hat.
Kollegium
Man sieht aber auch, wie sich alle immer wieder in Abhängigkeiten verstricken.
Schulleitung
Unsere Schule lebt vom Miteinander. Vom gemeinsamen Spielen bis zum Teilen unserer Erkenntnisse. Alles andere können doch Hauslehrer abdecken.
Die Fähigkeit, sich in der Gemeinschaft zu orientieren und zu behaupten, ist wichtig. Der Erwerb von Fachkompetenzen in der Schule ist am Lernort Schule kaum ohne Gemeinschaft zu bewerkstelligen. Die auffällige Zahl an Kindern ohne Geschwister ist eine Besonderheit. Bei gleichzeitigem Verschwinden von Freiräumen für Kinder außerhalb der Schule ist dem sozialen Lernraum, wie ihn Schule bietet, eine wichtige Rolle zugekommen. Wie die Schulkinder im Schulgeschehen, so muss sich die ganze Schule in der Bildungslandschaft behaupten.
Wegmarke 7 – Wissen und Kompetenzen
Schulleitung
Bitte frage R., der hat sich gestern mit dem selben Thema beschäftigt.
Eltern
Ich bin immer ganz erstaunt, was er erzählt.
Schulkinder
Jeder kann irgendwas. Jeder kann einem was zeigen.
Kollegium
Den Anspruch haben wir doch wohl, dass ein Kind an der weiterführenden Schule ohne Nachhilfe bestehen kann.
Wir räumen den Kulturtechniken Rechnen und Schreiben einen möglichst großen Raum ein. Unsere Schule ist ein Ort voller Herausforderungen. Das Lernen und Arbeiten erfährt größte Wertschätzung. In diesem Sinn versteht sich unsere Schule als tatsächlicher Erfahrungsraum, in dem es viel zu erkennen und zu genießen gibt, aber nur wenig zu konsumieren. Der hohe Aufforderungscharakter soll nicht nur auf die Schulkinder wirken, sondern auch auf die Erwachsenen.
Wegmarke 8 Schule als Erfahrungsraum
Kollegium
Wenn du das machen möchtest, dann organisiere, was du brauchst. Ich helfe dir gerne. Sag mir Bescheid.
Eltern
Wir Eltern wissen doch gar nicht, wie die Schule ihre Erfahrungen gemacht hat.
Schulleitung
Die Schule ist ja ein Ort, der lernt.
Schulkinder
Das kann ich nicht. Das mag ich nicht mehr. Das ist abgestürzt.
Kollegium
Lass uns überlegen, warum das mit dieser Arbeit nicht geklappt hat.
Schulkinder Ich will, dass wir darüber abstimmen … Aber da gibt es doch schon eine Regel. Eigentlich haben wir gesagt … Ich bin die Kreisleitung und mache das jetzt so. Du kannst das anders machen, wenn du die Kreisleitung hast. Das will ich im Schlusskreis vorstellen.
Um Lernen zu ermöglichen, setzen wir keineswegs nur auf originelle Situationen. Erkenntnis muss nicht quasi epiphanisch im Schulsaal einschlagen. Viel Erfahrung tut sich auf bei den vielen kleinen Mühen, die der Schultag einem abverlangt. In diesem Sinn verstehen wir das gewohnte Arbeiten auch als ein Üben, das die Handlungsmöglichkeiten erweitern kann.
Wegmarke 9 – Schule im Kontext der Stadt
Schulkinder
Wir sollten wieder einmal dort hingehen.
Schulleitung
Ich bin mir sicher, dass die Kinder, wo sie auch hinkommen, ernst genommen werden. Weil alle unsere Schule Christophine kennen.
Schulkinder
„Lieber Herr Bürgermeister, wir wollen Sie besuchen und mit Ihnen über die kaputte Ampel sprechen.“ – „ Sehr geehrte Polizei, können Sie bitte zu uns kommen. Drei Viertklässler müssen die Fahrradprüfung machen.“
Kollegium
Endlich habe wir es wieder einmal ins Museum geschafft.
Schulleitung
Der Turnverein bietet uns die dritte Stunde an.
Eltern
Eltern müssen immer etwas beitragen. Alles kann Schule doch gar nicht leisten. Ich gehe mit meinem Sohn zum Malen und zum Turnen.
Vielen Dank, dass ihr mit den Kindern den Ausflug gemacht habt.
Unsere Stadt Marbach und ihr regionales Umfeld ist der Humus, in dem unsere Schule gedeiht und unser Lernen gelingt. Von hier kommen die Schulkinder, hierher fahren sie mit dem Bus und der Eisenbahn. Wir können an der Stadtmauer klettern, an der Burgruine hüpfen, in Schillers Geburtshaus Gedichte lesen. Hier haben wir Nachbarn, die mit uns schimpfen, wenn die Erdbeeren im Garten unbefugt geerntet werden.
Wegmarke 10 Angstfreie Schule
Eltern
Mein Sohn bedauert es immer, wenn keine Schule ist.
Schulleitung
Ohne Sorge bin ich jedenfalls nicht immer, wenn ich in die Schule gehe. Im Schulsaal sehe ich mich dann aber wieder ausreichend souverän ausgestattet.
Kollegium
Das ist doch normal, wenn man auf den anstehenden Schultag mit Respekt guckt.
Schulkinder
Wenn einer im Garten mit einem Stock herum fuchtelt, dann habe ich Angst. Aber nur, dass er mich trifft. Wenn er mich trifft, dann werde ich dafür sorgen, dass derjenige eine Woche Stockverbot kriegt.
Vor Furcht dürfen wir uns nicht fürchten. Angst machen aber dürfen wir niemandem. Wir sind eine Ermutigungsschule, die sich an Fehlern freuen kann, die Ausrutscher als Gelegenheit zur Pause nimmt und über einen Patzer auch einmal lachen will. Emotionen regulieren die Qualität des Lerngeschehens im Schulsaal. Mit unseren Befindlichkeiten können wir uns aber auch selbst im Wege stehen.
Wegmarke 11 -Rolle der Erwachsenen
Schulleitung
Schau mal, ich habe das hier für dich rausgesucht. Du hast doch noch das eine ungelöste Problem.
Schulkinder
Ich brauche das eine Werkzeug, weißt du, wo das ist?
Kollegium
Ich greife auf, was von den Kindern kommt. Wenn mir zu wenig kommt, dann fange ich selbst an etwas zu werken, schöpfen im Sinne unseres Arbeitsbegriffs.
Schulkinder
Das habe ich mir alles selbst beigebracht.
Eltern
Ihr begleitet doch die Kinder mehr bei ihrem Lernen, oder?
Bei uns gibt es nur eine Lehrerin. Aber jeder ist hier mal Meister, Schulmeister, und auch Lernbegleitung. Es gibt Mitspieler. Und Verantwortungsträger. Das sind die Chefs. Das ist dann aber keine Frage des Alters, sondern eher eine der Ansprüche. Des Könnens und des Wollens.
Wegmarke 12 – Gemeinsame Reflektion im Schulsaal
Kollegium
Was können wir ändern, damit das beim nächsten Mal besser klappt?
Schulleitung
Unsere Schule braucht einen institutionalisierten Ort für Zweifel. Zweifel an der Pädagogik, am eigenen Tun, an den Materialien, der Politik, eben für alles, worüber man sich die Haare rauft.
Kollegium
Innovativ? Die Kinder sind konservativer als ich.
Schulleitung Unsere Schule ist jetzt in der dritten Halbzeit. Wie bisher werde ich nicht weitermachen.
Das gemeinsame Gespräch wird schon mit unserer Möblierung kenntlich gemacht. Wir haben ein Versammlungseck, die Quadratur unseres pädagogischen Kreises. Hier hat die Gemeinschaft ihren festen Ort, bespricht sie die schwierigen Dinge und trifft sie sich für die Freuden an der leichten Muße. Die Verantwortung für die Gesprächsleitung wechselt regelmäßig. Dadurch findet eine Erziehung statt, die nicht nur zu einem demokratischen Bewusstsein führen soll, sondern selbst in diskursiven Zusammenhängen und demokratischen Verhältnissen ihren Platz hat.
Wegmarke 13 – Schule feiert
Schulleitung
Herzlich willkommen zu unserem großen Fest im Mai, unserem Schauspiel zum Jahresschluss, zu unserem großen Fest am ersten Ferientag …
Schulkinder
Wir müssen heute drei Geburtstage feiern. J. und C. hatten in den Ferien.
Schulleitung
Das ist doch allein schon jedes Mal ein Fest wert, wenn jemand etwas Tolles geschafft, etwas Neues entdeckt hat. Das ist ein Grund zum Feiern, sag ich dann.
Schulkinder
Wir könnten doch wieder einmal das eine Lied singen. Ach, nöö.
Orientiert am Beispiel der Bürgergesellschaft kommen an der Christophine die Menschen zusammen, um ihre Angelegenheiten in die Hand zu nehmen und damit zu einem gelingenden Schulleben beizutragen. Dazu gehört die Regelung von Alltagsproblemen genauso wie die Planung und Durchführung von Schulfesten oder Ausflügen. Die Erwachsenen regen diesen Auseinandersetzungsprozess an, indem sie auf bevorstehende Ereignisse hinweisen, oder Missstände zur Diskussion bringen.
Wegmarke 14 – Schule versus Familie
Kollegium
Die Partnerschaft mit den Familien haben wir ja in unserem Schulvertrag deutlich hervorgehoben.
Eltern
Das ist das, was ich allen immer sage. Hier spricht man viel mehr miteinander.
Schulkinder
Das darfst du nicht bestimmen. Du bist nicht meine Mutter.
Schulleitung
Das Plaudern zwischen Tür und Angel zähle ich aber nicht zum verbindlichen Austausch zwischen Schule und Familie. Das ist eher das Schmiermittel für gemeinsames pädagogisches Handeln.
Schulkinder
Am Samstag war ich mit meiner Mama wieder zum Putzen da. Da hatte ich das ganze Schulhaus für mich alleine.
In vielen Schulsituationen macht sich ein familiärer Geist bemerkbar. Dieser sorgt dafür, dass die Schulangehörigen sich geborgen fühlen in ihrer Gruppe, sich aufgehoben in ihrem Tun wissen. Es gibt intime Situationen voller Selbsterkenntnis und auch Zuneigung. Weil aber auch unsere Schule eine eigenständige Institution, eine Bildungseinrichtung ist, lassen wir keine Aufgaben der Familie auf uns delegieren. Schule und Familie sind zwei Dispositive, die nicht den selben Regeln unterworfen sein müssen.
Wegmarke 15 – Vielfalt in der Schule
Schulleitung
Ich will schon ein Repräsentant der Vielfalt sein.
Eltern
Die Familien kommen doch aus den verschiedensten Milieus.
Schulleitung
Wir motivieren jeden, uns im Schulsaal zu besuchen. Und wer hospitieren will, der muss im Gegenzug etwas mitbringen, dass auch wir etwas von dem Besuch haben.
Kollegium
Starwars, Ninjago und James Bond. Viele Ideen kommen nicht immer zusammen.
Die stete Aufforderung zur Entscheidung verlangt allen Schulangehörigen viel ab. Die dadurch entstehende Pluralität der Schularbeiten und Anregungen gewährleistet, dass Inhalte sich multiplizieren können und überraschende Reibungsflächen und Berührungspunkte entstehen. Es ist Aufgabe der Schule, den Schulkindern einen beherzten Zugriff auf die eigene Kraft, die eigenen Bilder zu ermöglichen, um ihnen eine Alternative zu eindimensionalen Angeboten der Konsumgesellschaft zu bieten.
Wegmarke 16 – Große Ziele und bescheidene Ansprüche.
Schulkinder
Die Kinder entscheiden selbst … Das hast du selbst immer gesagt.
Schulleitung
Die pädagogische Entwicklung und das ökonomische Wachstum sind harmonisch verbunden. Wo keine Schulden ab zu tragen sind, da ist Lernen einfacher.
Eltern
Unser Mitdenken ist ja immer an die Entwicklung der Kinder gekoppelt. Irgendwann sind die an einer anderen Schule,.
Kollegium
Die Christophine ist unser Arbeitsplatz. Wo alles größer und besser wird, da kann man eines Tages ja vielleicht auch einmal ein wenig mehr verdienen als heute?
Die Schule
Christophine wurde aus einer großen bildungspolitischen Ungeduld heraus in die Bildungslandschaft eingebaut. Sie kann inzwischen vier Jahre Unterrichtserfahrung aufweisen. Der Schulträger hat noch vier Jahre, um seine Gründungsschulden abzutragen. Das Schulhaus bietet noch Platz für elf Schulkinder. Solange muss der Wunsch der Eltern nach einer Sekundarstufe warten …
Hier die Quelle dieser Gedanken:
CHRISTOPHINE – marbach – freie schule
Freie Schule Christophine e.V. · Ludwigsburger Straße 24a · 71672 Marbach am Neckar · 07144/305 80 98
info@freie-schule-christophine.de · www.freie-schule-christophine.de
Kreissparkasse Ludwigsburg BLZ 604 500 50 Konto 300 520 11· GLS Gemeinschaftsbank BLZ 430 609 67 Konto 700 5615 700
Ich gebe die „Wegemarken“ weiter, weil ich meine, dass diese eine ausgezeichnete und ziemlich allgemeingültige Inspiration sind für alle Menschen, die sich mit Schule beschäftigen und sich nach agiler und freier Schule sehnen!
RMD