Wir brauchen einfache Technologien und gesunden Menschenverstand!
Für die Reaktionen auf meinen Beitrag zum C4-Reis bedanke ich mich.
🙂 Und bleibe unbelehrbar!
Meine Skepsis betrifft nicht nur die Themen C4-Reis und Kernfusion, sondern pauschal die unkritische Technikgläubigkeit mancher unserer Zeitgenossen.
Man kann die Probleme dieser Welt nicht prior durch technologischen Fortschritt lösen! Weil wir uns in einer verhängnisvollen Schleife befinden:
Unsere Probleme werden immer komplexer. Komplexe Probleme erfordern komplexe Lösungen. Diese verursachen neue und noch komplexere Probleme, die wiederum nur mit noch komplexeren Lösungen entschärft werden können. Und so weiter.
Das nennt man einen Kreislauf! Und das Rad dreht sich immer schneller.
Wir müssen diesen Kreislauf durchbrechen. Denn alle Zahlen zeigen, dass …
- die Atemluft in Bälde das CO2 Konzentrationsband verlassen wird, in dem sich die Erdatmosphäre in den vergangenen 40 Mio Jahren nachweislich bewegt hat.
- das trinkbare Wasser bald knapp werden wird.
- die Ressource Boden in enormen Tempo verbraucht und vernichtet wird.
Wenn wir so weitermachen, ist wohl bald Schluss mit uns!
Es ist offensichtlich, dass wir diese bedrohliche Situation nicht zuletzt unserem unreflektiertem Glauben an den technologischen Fortschritt zu verdanken haben.
Gerne zitiere ich hier noch mal das Zitat von Bertrand Russell:
» Jeder Zuwachs an Technik bedingt, wenn damit ein Zuwachs des menschlichen Glücks verbunden sein soll, einen entsprechenden Zuwachs an Weisheit. «
Und wenn man Russell folgt und davon ausgeht, dass der Zuwachs an Weisheit bei der Menschheit relativ langsam von statten ging und geht, dann muss man ja sogar den technologischen Fortschritt bremsen!
So glaube ich nicht, dass Menschen heute glücklicher sind, weil sie Computer, Internet, Fernseher und Radios haben. In meiner Kindheit gab es nur einmal in der Woche ein warmes Bad und man schlief dem Vorbild der Eltern folgend bei offenen Fenstern. Meine Kinder duschen täglich heiß und haben warme Schlafzimmer. Macht das glücklicher?
Und ob Autos und Flugzeuge glücklich machen, bezweifle gerade ich massiv.
Als Ergebnis des Fortschritts sehe ich mehr dicke als glückliche Menschen (die zynische Sicht). Und man liest, dass dreißig Prozent der Bürger der american-european Hoch-Kultur depressiv sind (die statistische Sicht).
Seit Jahrzehnten sind wir dem Fortschritt nach gerannt und haben uns blind neuer Technologie anvertraut. Dieses Paar sollte uns Sicherheit und Wohlstand verschaffen, wenn nicht unsterblich machen.
In den letzten Jahren hat das immer weniger funktioniert. Und unser Hightech-Lebensstil bedroht unsere Zukunft. Zu oft haben wir „den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben“. Langsam beginnen wir die brutalen Konsequenzen zu erkennen. Trotzdem winkt man weiter mit Technologie-„Strohhalmen“, an die wir uns klammern sollen. Mal heißen sie Elektroautos, dann wieder Kernkraft oder Desertec. Oder Wasserstoff.
Und dann kommt noch die Wachstumslüge dazu: Wenn wir nur genug Wachstum hätten, dann wären sämtliche Probleme lösbar. Das erzählt uns eine (unheilige) Allianz von Technologen, Industriellen und Politikern. Aber wehe, man beginnt nach zu rechnen.
Unsere Strategie, auf Technologie als allmächtiges Problemlösungswerkzeug zu setzen, hat versagt. Was macht man, wenn eine Strategie versagt? Man muss sie aufgeben und eine neue entwickeln.
Der Einsatz von gesundem Menschenverstand und das kritische Hinterfragen vermeintlicher Selbstverständlichkeiten sind gefordert.
An Stelle auf den Zauberstab der Hoch-Technologie zu starren sollten wir schlanke und einfache Lösungen entwickeln – die möglichst regional und dezentral. Und wenn uns die Hoch-Technologie dabei ein wenig helfen kann, umso besser.
Also: geben wir (neben anderen) auch unsere technologische Lebenslüge auf. Beginnen wir wieder zu leben und kümmern wir uns um die wirklich wichtigen Dinge.
Dies wird Kraft erfordern und Verzicht. Die Aufgabe von Besitzstand ist unbequem. Bequemlichkeit ist jedoch nicht der zum Ziel führende Wert.
RMD
P.S.
Unter dem Stichwort Humor habe ich folgenden netten Seitenhieb im Wikipedia-Artikel zur Kernfusion gefunden:
Als Fusionskonstante wird mit scherzhaftem Unterton (ähnlich der Erdölkonstante) die Erscheinung bezeichnet, dass seit Jahrzehnten die technische Beherrschung der Kernfusion und entsprechende Energiegewinnung von der Gegenwart aus gerechnet für jeweils 30-40 Jahre in der Zukunft als möglich vorausgesagt wird.
P.P.S
Und bei CERN läuft die experimentelle Physik der theoretischen hinterher.
P.P.P.S
Die Bilder sind Miniaturen von Rolos Computer Vintage Galerie. Damals hochkomplizierte Systeme, heute eher trivial und kaum mehr rekonstruierbar oder betreibbar.