Mauritius, La Réunion, Madagaskar (III)

(An Stelle eines Reiseberichts:)

Die Armut in Madagaskar!

Madagaskar ist im Welt-Ranking beim Thema Bruttosozialprodukt und Einkommen Pro-Kopf ziemlich weit unten.

Um die Jahrtausendwende bin ich durch Tunesien und Marokko geradelt. Da bin ich einer Empfehlung aus dem Reiseführer gefolgt und habe für die Kinder dort viele Kugelschreiber mit genommen. Ich war ein wenig skeptisch, ob das richtig ist. Aber die Kinder waren dann sehr glücklich und ein Berber, bei dem wir übernachtet hatten, hat gemeint, dass es gut wäre, den Kindern Kugelschreiber zu schenken, weil das helfen würde, ein Problem in der Schule zu lösen.

Nie hätte ich daran gedacht, in 2022 mit Kugelschreibern im Gepäck nach Madagaskar zu reisen. Vor Ort wurde ich eines besseren belehrt. In Madagaskar freuen sich nicht nur die Kinder, sondern auch die Erwachsenen so richtig über jenen Kugelschreiber. Das ist für mich schon eine besondere Art von Armut.

Vor der Abreise hatte ich Presseberichte im Kopf, dass es Regionen in Madagaskar gibt, in denen Hungersnöte herrschen. Vor Ort wird das so erklärt, dass – als Folge der klimatischen Entwicklung (Stichwort Klimakatastrophe) – die Menschen in einigen Gegenden (die wohl immer mehr werden) nicht mehr in der Lage sind, sich selber mit Nahrungsmittel zu versorgen. Aber die betroffenen Menschen in Madagaskar werden von einem funktionierenden Staat zumindest ausreichend versorgt, so dass sie nicht hungern müssen.

Im Straßenbild in allen kleinen und großen Orten Madagaskars, in denen ich war, ist mir die Armut nicht aufgefallen. Die Märkte sind traumhaft vielfältig voll mit Früchten und Nahrungsmitteln. Es ist ein buntes Treiben mit einem tollen exotischen Angebot. Das Leben erscheint für die Einheimischen aber nicht billig.

100,00 Madagassische Ariary entsprechen 0,022 Euro, also gut 2 Eurocent. D.h. für einen Euro bekomme ich über 4.000 Ariary. Da die Währung so schwach ist, erscheinen uns Euro-Menschen die Preise als günstig.

So bekomme ich in einer Bar ein Bier (0,65 Liter) für zwei Personen (mit 2 Gläsern) für um die 5.000 Ariary. Das dürfte für einen einheimischen Arbeiter sehr viel Geld sein, für uns ist es aber nur wenig mehr als ein Euro.

Auch die schönen Früchte auf dem Markt sind nur billig, wenn wir die Preise aus der Euro-Perspektive betrachten. Für den einheimischen Konsumenten dürften sie ziemlich teuer sein. Wertvolle Früchte kosten hier ihren Preis. Nach unserer Rückkunft Ende November habe ich in den deutschen Geschäften Himbeeren zu Preisen gesehen, die billiger waren als im Sommer zum selbst pflücken. Und die exotischen Früchte  sind auch gelegentlich beim Discounter billiger als auf dem Markt in Madagaskar.

In den Städten und Orten haben wir aber nicht nur lachende Kinder gefunden (siehe den Bericht Madagaskar II), sondern auch glückliche und überwiegend weiße „Sugar Daddys“. Es hat den Anschein, dass eine ganze Reihe älterer und männlicher Europäer ihre Ersparnisse im Ruhestand in das schöne Wetter, das gesunde Essen und die junge und so vielfältig exotische Weiblichkeit von Madagasker investieren.

Wie man das ändern kann – und ob eine Änderung da überhaupt Sinn macht – das weiß ich auch nicht. Wäre die Lage ohne die Sugar Daddies für viele Familien nicht noch schlechter? Die Thematik erinnert mich an die Diskussion um die Gastarbeiter in Katar denken.

Viele arme Menschen aus den armen Ländern müssen ja solche Arbeit in Ländern wie Katar annehmen, weil sie im eigenen Land NULL Chancen haben. Und als Gastarbeiter ein mehrfaches als wie zu Hause verdienen. Und Länder wie Nepal wesentlich von diesen Einkommen leben.

Die Katari profitieren davon, aber sie sind bestimmt nicht die Ursache für diese schiefe Weltordnung. Dafür dürften eher die Staaten des Westens verantwortlich sein, die ja auch –  indirekt – davon noch mehr profitieren als die Katari.

Von dieser perversive Weltordnung, die der Logik des Spätkapitalismus folgt, profitieren halt die Katari und die alten weißen Männer nicht nur in Madagaskar. Und dass ich es mir leisten kann, die Wunder der Welt wie Madagaskar vor Ort anzuschauen, ist Teil davon.

Das können wir kritisieren. Nur – wir selbst sind  – mit unserem „westlichen Wertesystem“, dass wir zur Norm machen wollen – die Verursacher! Da helfen dann auch keine Armbinden oder symbolische Gesten – ohne eine grundlegende Veränderung gerade bei und in uns wird sich da nichts ändern.

Aber wie gesagt – die Freude über einen geschenkten Kugelschreiber ist im Lande „da wo der Pfeffer“ und die Vanille wächst riesengroß!

RMD

P.S.
Das Foto hat die Barbara in Nosy Be aufgenommen.

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