Githio – 27. August
Auch das Paradies hat Schattenseiten. Auf den Peloponnes wirft neben den Bränden der Müll seinen großen Schatten. Als Radfahrer ist man für Müll (wahrscheinlich wie auch als Wanderer) besonders sensibel. Und in der Tat: Auf allen unseren Wegen begegnen uns massiv die Überbleibsel unserer Wohlstandsgesellschaft: Flaschen, Dosen, Verpackungen aller Art, gebrauchte Windeln – alles, was man sich nur vorstellen kann.
Man kann den Müll in drei Klassen kategorisieren: Den „normalen“ Müll am Straßenrand, illegale Deponien und organisierte Müllplätze.
Der normale Müll am Straßenrand entsteht durch die emsige Fleißarbeit vor allem der Autofahrer. Alles was im Auto stört, wird raus geschmissen, alles was vor dem Auto stört, überfahren. Beeindruckend ist z.B. die Anzahl von halb vollen Wasserflaschen, die man auf nur wenigen Metern findet. Aber auch tote Hunde (lebendig der Schrecken von uns Radlern), Katzen, Igel und gelegentlich eine platte Schlange runden das Bild ab.
Illegale Deponien findet man an meistens an landschaftlich besonders schönen Stellen. Und da gibt es dann alles – wahrscheinlich die Fundstellen für Historiker in 1000 Jahren.
Besonders beeindruckend sind aber die „organisierten Müllplätze“. Jedes Dorf, jede Ansammlung von ein paar Häusern, jedes Hotel und jeder Zeltplatz verfügt über so einen. Und hier türmt sich der Unrat in unvorstellbaren Mengen und stinkt nicht nur zum Himmel. Gelegentlich kommt dann auch ein LKW und räumt ihn komplett ab, nach meinem Eindruck passiert das garantiert nicht monatlich sondern in eher größeren Zeiträumen.
Der Müll besteht vor allem aus Verpackungen, die man anscheinend in der neuen Zivilisation braucht. Außer bei landwirtschaftlichen Produkten und Brot herrscht ein unbeschreiblicher Verpackungsoverkill. Und die freundliche und hilfsbereite Dame an der Kasse im Supermarkt packt den Einkauf gleich auch noch in eine Unzahl von Plastiktüten ein – die dann auch wieder als Mülltüten dringend benötigt werden.
Da erinnere ich mich an meine Kindheit, da es zu den Kindespflichten gehörte, jeden Tag die Milch in der 1,5-Literkanne vom ca. 1 km entfernten Milchladen zu holen. Man bekam eine Mark und jede Menge Ärger, wenn man die Milch verschüttete oder das Wechselgeld verschusselte. Aber der Weg zum Milchladen war ein Teil unserer Freiheit und erinnert mich jetzt wieder an meine einsame Radfahrt nach Githio ins Internet-Café.
So schließt sich der Kreis und so ändern sich die Zeiten!
RMD