Früher habe ich öfters Briefe geschrieben. Wie unvorstellbar lange ist das schon her! Jetzt habe ich schon lange keinen persönlichen Brief mehr versandt.
Briefe waren oft ein paar Tage unterwegs. Man konnte nie ganz sicher sein, ob sie ankommen. Deshalb gab es Sonderdienste wie „Einschreiben“. Das war ziemlich teuer und wurde so nur selten und für ganz bestimmte Zwecke genutzt.
Für kurze Nachrichten hat man Postkarten benutzt. Das Porto war günstiger. Die Sorge, dass jemand den Inhalt der Postkarte lesen würde, war nicht ausgeprägt
Staatliche Stellen – nicht nur im 3. Reich und in der DDR – haben Techniken eingesetzt, um Briefe zu öffnen, lesen oder kopieren und wieder zu verschließen, ohne dass dies der Empfänger merken sollte. Trotzdem haben normale Menschen ihre Briefe nicht verschlüsselt.
Auch nichtstaatliche Bösewichte hatten es relativ einfach, fremde Post aus dem Brief- oder Postkasten zu fischen. Gelang uns schon zu Schulzeiten bei Verweisen und Arresten zum Leidwesen der Eltern. Man sieht, so sicher war die „Schneckenpost“ (Snail-Mail) auch nicht. Trotz der Unterschrift auf dem Papier.
Unterschrift fälschen ist einfach. Man muss sich nur ein Muster besorgen und dann ein wenig üben. Der Empfänger hat kaum eine Chance, die Fälschung zu merken. Wenn das Dokument gar per Fax oder digital versendet wird, ist die Fälschung noch einfacher. Dann genügt ein einfache Montage aufbauend auf einem Scan.
Wenn ich mir überlege, was ich die letzten 25 Jahre so täglich unterschrieben habe! Urkunden, Verträge, Glückwunschkarten und vieles mehr. Meine Unterschrift muss 100.000-fach unterwegs sein. Huch, was für eine gefährliche Welt!
Da fällt mir ein: Wie oft habe ich meinen Hausschlüssel verloren, ohne die Schlösser auszutauschen. Und meine Autoschlüssel (bzw. den Fahrradschlüssel) fahrlässig auf dem Schreibtisch liegen gelassen. Oder meine gute alte Kreditkarte einem italienischen Ober gegeben und den gelben Durchschlag in einen öffentlichen Abfalleimer geschmissen. Oder bin mit dem Auto zu schnell gefahren. Die ersten Jahre meines Lebens ohne Gurt. Und was ich alles geradelt bin, früher ohne Helm! Und wie viele belebte Straßen habe ich als Kind zu Fuß überquert. Und bin ohne Aufsicht durch die Seen geschwommen. Und was ich Fußball gespielt habe. Und vieles mehr.
Eigentlich komisch, dass ich immer noch lebe und auch sonst noch nie so richtig zu schaden gekommen bin. Außer bei dem einen oder anderen Arztbesuch.
RMD
P.S.
Bin schon gespannt, wer mich jetzt alles rügen wird (oder auch nur über meinen Leichtsinn den Kopf schütteln wird), weil ich meine Unterschrift veröffentlicht habe. Aber irgendwie machen mir andere Dinge mehr Angst.
So bleibe ich bei meinem stillen aber nicht stummen Protest gegen den Sicherheitswahn unserer Zeit.
🙂 Und bitte alle, die mich nicht verstehen, um Verzeihung, dass ich das anarchistische Provozieren nicht sein lassen kann. Ich selbst schiebe das einfach auf mein „Kind im Manne“.
3 Antworten
Bleib wie und wo Du bist lieber Roland, Lichtjahre entfernt von anarchistischer Provokation und voll von gutbürgerlicher Nostalgik und Sehnsucht nach den frühen Jahren. Vielleicht klingt das nicht sehr schmeichelhaft für Dich aber so gefällst du uns.
Lieber Hans-Peter,
zuerst einen herzlichen Dank für die liebe Rückmeldung.
Aber Ziel der Veröffentlichung meiner Unterschrift ist tatsächlich, ein Zeichen gegen die Mega-Ängste gerade in unserem IT-Zeit zu setzen.
Jetzt bin ich gespannt auf die Rückmeldungen!
RMD
Dear Roland, I like this mixture of anarchistic provocation and nostalgia, but occasionally I worry that people may take you too seriously.
In England I have to give a PIN with my credit card; in Germany a signature is required. It took me some time to convince a relative that the signature is better for me. If a crook finds out my PIN, I can hardly get my money back. If a man forges my signature, he will probably not bother to do it very precisely, so I can object to the payment. This happened on a trip to USA, and the credit company (AMEX) reported the problem before we noticed anything!