Oder gilt das auch schon in der Gegenwart?
Franziska Köppe hat mich am 3. Januar für Ihren Blog FAHRRADkultur interviewt. Hier ist das Ergebnis.
Die Botschaft von Franziska ist ja „Fahrradfahrer leben länger“. So kann ich nur hoffen, dass die Franzeska recht hat und unserer Leben nicht vorzeitig durch ein Kraftfahrzeug beendet wird. Und dafür ein weißes Fahrrad mehr an einer der Straßen und Kreuzungen steht.
Die Franziska respektiere ich sehr, deshalb war ich im Interview ein wenig vorsichtig. Meine schlimmste Provokation war vielleicht die folgende Aussage (Zitat aus dem Interview):
„Autofahrer sind die Kutscher der Neuzeit. Kutscher waren keine beliebte Berufsgruppe, weil sie in den engen Gassen der Städte mit der Peitsche das gemeine Volk aus dem Wege prügelten. Kutscher galten damals als „Abschaum und Gesindel“?!
Ich stehe zu allem, was ich im Interview gesagt habe. Ich möchte hier nur ergänzen, dass ich, je mehr ich ohne Auto lebe („lebe“ im wahrsten Sinne des Wortes) um so mehr mir die Dummheit und Sinnlosigkeit des Autofahrens bewusst wird. Und das gilt für so viele Dimensionen:
- Für die Falschheit von Image und der Reputation, die man sich durch den Besitz eines Autos sicher unbewusst verschaffen will.
- Für die belastende Arbeit des Steuerns eines PKW’s, an die man sich gewöhnt und so die Anstrengung ignoriert. Im Gegenteil, man betrügt sich selbst und hat „Freude am Fahren“ oder „erholt sich am Steuer“. Das Auto wird als „bester Freund“ wahrgenommen, es ist der Ort an dem man sich „zu Hause fühlt“.
- Für den gewaltigen Raub an Bewegung und frischer Luft, den man sich als Autofahrer selber zu fügt, inklusive des Schadens durch die ewige Sitzerei und deren negativen Folgen inklusive von Rückenbeschwerden.
- Für die sinnlose Vernichtung der Zeit gerade am Steuer eines PKW, die in öffentlichen Verkehrsmitteln viel besser genutzt werden kann.
- Für das physische (wesentlich mehr als 1 Million Verkehrstote und ein mehrfaches an Schwer- und Leichtverletzten) pro Jahr weltweit wie psychische Leid und Risiko (Doppelbelastung z.B. durch Telefonieren am Steuer).
- Für die Unfreiheit durchs Auto – es ist der Klotz am Bein – ich muss immer dorthin zurück, wo es steht.
- Für die Abhängigkeit vom Auto, wenn es nicht mehr fährt geht die persönliche Welt so ein wenig unter.
- Für die Belastung durchs Auto: Wie oft höre ich – ich habe da keine Zeit, weil ich mein Auto vom / zum Kundendienst holen / bringen muss.
🙂 Und am Wochenende wird es auf Hochglanz poliert. - Für die Rücksichtlosigkeit des Autofahrers gegenüber Umwelt und Gesellschaft. Schadstoffe und Energie-Verschwendung spielen keine Rolle mehr, die externen Zusatzkosten der Mobilität sind beim Auto ein Vielfaches höher sind als bei allen anderen Verkehrsmitteln und die tragen wir alle.
- Für das billigend in Kauf genommene Risiko andere Menschen zu töten oder verletzten und so auch sich selber enormen Schaden hinzuzufügen …
- und für manches mehr …
Für mich wird Autofahren so immer mehr zur Metapher für ein falsches Leben. Nur:
🙂 Das Leben ist zu kurz für ein falsches Leben!
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Menschen, bei denen das Auto wie ein Rollstuhl zum erweiterten Körper, also quasi zum Körperteil geworden ist, viele der gelisteten Punkte keines Falls nachvollziehen können. Auch aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass es bei mir mit dem Rauchen ähnlich war … Erst wenn man es nicht mehr tut, versteht man wirklich, wie schlimm es wahr. Aber ich weiß, wie schwer es ist und war mit der Gewohnheit zu brechen.
RMD