Es muss schon zwingende Gründe geben, in einen Markt einzusteigen, den man nicht kennt. Besonders wenn sich im ausgewählten Markt schon viel etablierte Wettbewerber tummeln oder der Zielmarkt in allgemeiner Bewertung eigentlich tot ist.
Leider machen das viele Gründer. Mag sein, weil sie unerfahren sind und nicht wissen, wie komplex und oft gar nicht erklärbar so ein Markt ist. Vielleicht auch, weil sie prominente Vorbilder wie Steve Jobs haben. Der hat zum Beispiel den Markt der klassischen Mobiltelefone mit seinem I-Phone aufgebrochen.
Die zynische aber damals für mich gar nicht so unvernünftig klingende Provokation vom „anderen Steve“ (Mr. Ballmer von Microsoft) war ja: „Was will Apple mit einem Gerät im Handy-Markt erreichen, das keine Tasten hat und mit dem man auch nicht gescheit telefonieren könne?“. Steve Jobs hat sie einfach ignoriert und recht behalten.
Ich meine, dass dies aber nicht die unternehmerische Regel sondern ein Sonderfall ist. Deshalb sollte man sich der „normale Gründer“ den Markt, in den er rein will, sehr gut anschauen. Es ist einfach zu kühn, einfach in einen Markt einzusteigen, den man als junger Absolvent einer Uni noch gar nicht kennen kann. Und zumindest so ein wenig sollte man ihn halt kennen.
Das heißt, man muss den Zielmarkt erlernen und sich erarbeiten. Trotz großen Elan und Euphorie kann man in der Regel erst erfolgreich sein, wenn man den Markt im Ziel-Segment erlernt und verstanden hat. Erst dann wird man beurteilen können, ob die eigene Idee dort eine reale Chance hat. Oft ist sie noch sehr unfertig und muss sich erst noch wie ein Felsbrocken auf dem Wege stromabwärts im Flussbecken schleifen lassen bis daraus ein oder mehrere schöne runde Kieselsteine werden.
Ein Königsweg beim „Erlernen eines Marktes“ ist das Ausprobieren! Aber das kostet Zeit und Kraft. Es kann Rückschläge und Enttäuschungen geben, die man aushalten können muss.
Auch Lernen ist teuer und kostet Kraft! Oft lernt es sich angenehmer auf „fremde Kosten“, zum Beispiel als angestellter Mitarbeiter. Und leider gilt das Sprichwort „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ auch beim Gründen wie beim Erlernen eines Marktes.
So könnte eine Empfehlung an den Gründer eines start-ups sein:
„Lernt eine zeitlang als angestellte Mitarbeiter in Eurem Zielsegment. Und wenn Ihr dann meint, reif zu sein, legt los!“
In der Retrospektive habe ich es selber auch so gemacht. Das fachliche Wissen (Technologie, Technik und wie man Projekte macht) habe ich bei Siemens gelernt – und wie man Geschäft macht dann bei Softlab.
RMD