TOLERANZ und KONFORMISMUS.

Hans Bonfigt hat zu meinem Artikel Alte weiße Männer eine Art Stellungnahme geschrieben, über die man sicher geteilter Meinung sein kann. Für mich war sein Artikel jedoch ein wichtiger Impuls.

Aufgenommen am 3. Oktober 2012 in der Waldwirtschaft mit meiner neuen aus China importierten Mütze (mein Bild in Twitter).

Seine Aussage „Wir tolerieren alles, nur keine Intoleranz “ hat mich an einem meiner Nerven getroffen. Ich habe Hans so verstanden, dass die wesentliche Frage seines Artikels war, wer denn Intoleranz (oder „Faschismus“, „Rassismus“, „Kolonialismus“) definieren und festlegen dürfe.

Ich meine, dass diese Frage beantwortet werden kann. Prüfen wir zuerst die Begriffe:

Intoleranz ist das Gegenteil von Toleranz. Toleranz (Duldsamkeit) ist eine Tugend, also ist Intoleranz (der Gegenbegriff zu Toleranz) eine Untugend, dem Gegenteil von Tugend.

Faschismus“, „Rassismus“, „Kolonialismus“ sind begrifflich keine Tugenden sondern systemische Weltanschauungen, mit denen Bewegungen, Ideologien und Herrschaftssysteme beschrieben werden.

Ethisch ist „Toleranz“ einfach zu definieren. Die Bewertung, ob eine Aussage oder Handlung tolerant oder intolerant ist, bedingt eine persönliche und unabhängige Güterabwägung, die „sittlich verantworteten Werten“ folgt. „Sittlich verantwortet“ bedeutet dabei, dass die autonom gefundenen Werte sich im Einklang mit einer globalen Gemeinsamkeit bewegen müssen, z.B. der UNO-Charta oder der „Goldenen Regel„.

Soziale Systeme leben von KLARHEIT. Das gilt für Unternehmen (soziale Systeme mit einem ökonomischen Aufgabe) wie für Parteien (soziale Systeme mit einer politischen Aufgabe). Das Problem dürfte sein, was passiert, wenn die Klarheit zur kollektiven Gemeinsamkeit wird?

Genau das wünschen wir uns. Wir finden es gut, wenn das Unternehmen, in dem wir arbeiten oder die Partei, die wir wählen eine „kollektive Klarheit“ ausstrahlt. Die „kollektive Klarheit“ heißt Konformität. Sie ist kleine (unartige) Schwester von Klarheit. Und die Konformität ist eine gute Basis für „Faschismus“, „Rassismus“, „Kolonialismus“ oder auch für ein System der „Sklaverei“ und „Leibeigenschaft“. Das macht die Sache schwierig.

Ich meine also, dass wir aufpassen müssen, dass die WERTE unserer KLARHEIT sich mit einem weltweiten Werte-Konsens vertragen. Das gilt auch für die Toleranz. Und wenn es wirklich mal passieren sollte, dass die Konformität der Welt einen weltweiten Faschismus gebärt (ganz gleich welcher Art), dann hilft wahrscheinlich wirklich nur noch Resignation oder Widerstand. Wobei wir dann wieder bei der spannenden (ethischen) Frage sind, ob so ein Widerstand gewaltfrei sein muss oder nur mit Gewalt verbunden überhaupt erfolgreich sein kann.

Ab und zu habe ich die Sorge, dass in der wirtschaftlichen Dimension diese weltweite Komformität schon erreicht ist. Konsumismus und Kapitalismus haben sich religionsartig über die Welt verbreitet. Manche reden hier auch von einem Raubtier-Kapitalismus, der mit seinen Waffen Marketing, Lobbyismus und Korruption die Welt erobert hat. Und auch hier haben wir wieder die heikle Situation, dass wir entscheiden müssen, ob der gewaltfreie Widerstand genügt.

Meine persönliche Überzeugung ist, dass wir dem Entstehen einer weltweiten Konfirmität nur durch Vielfalt und Buntheit entgegen wirken können.

Ein Dankeschön an Hans Bonfigt, der mich zu diesen Gedanken inspiriert hat.

RMD

Eine Antwort

  1. Hallo Roland,

    m.E. kommt es vor allem darauf an, „zu welchem Zweck“ etwas festgelegt werden darf.

    Für eine öffentliche Schule müssen sicherlich andere Regeln gelten wie für ein Unternehmen oder einen Privatmann.

    Und in der Meta-Ebene:
    Was macht man, wenn einem das nicht paßt?

    Ist es legitim, einen genehmigten „NPD“ – Auflauf in Köln per Blockade zu verhindern?

    Also, wenn man seinerzeit den Neumarkt einen Tag vorher mit Schweinegülle geflutet hätte, das wäre schon recht lustig gewesen.
    Aber die schrägen Vögel mit Gewalt an der Ausübung elementarer Rechte hindern?

    Die Krönung war zum Schluß, daß sich der oberpeinliche Fitz Schramma, seinerzeitiger OB von Köln, ganz im Sinne seiner Vorgänger aus den 30er Jahren äußerte: Diese Leute wollen wir hier nicht haben!

    Aber das wirklich hinterletzte war, daß keiner merkte, welcher Verrat hier an der Demokratie begangen wurde.

    Naja, Rheinländer, mit ihrer Kölsch-Antilopenpisse, die qua Genfer Konvention (Chemiewaffen) verboten sein müßte.

    Die Treib- und Hetzjagden, die momentan gegen alle veranstaltet werden, die gegen den zusammengestoppelten „Wertekanon“ der „Allianz der Anständigen“ veranstaltet werden, führen uns direkt in den Terrorstaat.

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