TOM – Abschied von einem guten Freund!

Wir haben das Jahr 2025 betreten. Ich bin schreibfaul. Weil, wenn ich etwas schreibe, dann soll es wertvoll sein. Das heißt, dass ich die meisten Ideen für Artikel, die mir so kommen, verwerfe, bevor ich damit beginne, diese aufzuschreiben.

Wenn ich an mein Leben denke, dann denke ich gerne an die vielen Menschen, die ich erleben durfte. Besonders wenn diese mich auf meinem Wege – oder ich sie auf ihrem Wege – begleiten durfte. Wenn sich also aus dem Zufall des Kennen Lernens auf magische Art und Weise ein gemeinsames Wegstück ergeben hat, das wir in hoher Intensität länger oder kürzer gegangen sind.

So verneige ich mich gerne vor anderen Menschen. Besonders schön ist es, wenn uns gemeinsam viel gelungen ist (Kategorie 1). Weh tut es dann, wenn wir noch so viel mehr hätten schaffen können (Kategorie 2).

Ein positives und besonderes Beispiel für Kategorie 1 ist der Weg, den ich gemeinsam mit Barbara gegangen bin. Im 1972 habe ich „meine“ Barbara kennengelernt (da war ich 21 Jahr alt), ganz banal in einer Keller-Disko in einem Wohn- und Geschäftsgebäude im grauen Pfersee in Augsburg. Unser Weg hat uns durch viele unterschiedliche Landschaften geführt, uns ist viel gelungen und der gemeinsame ist noch nicht zu Ende.

Nach einer ersten rauschhaften Strecke von sieben Jahren kamen wir an eine Verzweigung (ich habe gelernt, dass man so etwas einen „Biforkations-Punkt“ nennt). Hier mussten wir uns entscheiden. Aus meiner Sicht ging es darum, die Belanglosigkeit eines „modernen“ jungen Paares zu tauschen gegen die Verbindlichkeit der Verantwortung für eine Familie.

Das hat dann zu sieben Kindern und aktuell 13 Enkeln, großen Erlebnissen und Erfahrungen geführt, wie auch zu einer Unternehmensgründung und vielen Weltreisen geführt. Auf diesem Weg befinde ich mich gemeinsam mit Barbara jetzt schon seit 53 Jahren. Wir haben gemeinsam Höhen und Tiefen bewältigt. Am 5. Februar feiern wir unseren Jahrestag. Es war ein guter Weg, mit dem ich zufrieden bin und hoffe (und mir wünsche), dass es Barbara auch ist.

Heute will ich aber von einem anderen Menschen berichten. Ich verneige mich vor ihm. Wir hatten nur eine kurze Wegstrecke zusammen und hätten noch viel mehr erreichen können. Er war eindeutig Kategorie 2. Es war Thomas, der fast 20 Jahre jünger als ich war.

Alle nannten ihn nur TOM. Wann ich Tom kennengelernt habe, weiss ich nicht mehr. Unser gemeinsamer Weg war kurz aber intensiv. Er endet am Tage seines Todes. Er verstarb am 21. August 2015 im Alter von 45. Der Todestag jährt sich also dieses Jahr zum zehnten Male. Das ist ein guter Anlass für eine große Verneigung vor ihm.

Thomas Uhl (2006)
Bild aus Wikipedia

Tom war ein IT-Wunderkind und wurde wie ich zum Unternehmer. Im Gegensatz zu mir war er ein junger Gründer. Ich habe ja erst im reifen Alter von 33 Jahren – nach fast 5 Lehrjahren bei Siemens und drei weiteren bei Softlab – die InterFace Connection gegründet. Das war 1984. Anders Tom, er gründete im zarten Alter von 21 Jahren in 1990 seine erste Firma, die „Modular Systems“. Diese entwickelte die Portierung des Hänisch-Modula-2-Compilers auf die Atari-ST-Plattform weiter und sorgte für den Vertrieb in ganz Europa.

Zahlreiche weitere Gründungen sollten folgen. Tom und ich waren IT-Unternehmer. Tom war auch leidenschaftlicher Vertreter des Open-Source-Prinzips. Er wirkte als Buchautor unter anderem zum Thema Linux. Es gab also genug Themen, die uns verbanden.

Eines Tages schneite er gemeinsam mit Vertretern der Grau Data AG ( OPENARCHIVE ) bei der InterFace rein. Unsere digitalen Kompetenzen ergänzten sich irgendwie perfekt. Für mich war Tom wie ein Zwilling in der digitalen Welt, in der ich lebte. Aber kein digitaler, sondern ein analoger! Er war der lange gesuchte unternehmerische Partner für die Zukunft. Ein echter Visionär, mit einer großen Klarheit, technisch wie gesellschaftlich. Ganz anders als die Visionäre, die heute (in 2025) bei uns in aller Munde sind.

Themen wie „blockchain“ und „bitcoin“ beschäftigten uns genauso wie das Phänomen „GELD“ an sich. Wir sind schon damals am Zustand der Welt verzweifelt. Für uns herrschte große Klarheit, dass der eingeschlagene Weg in die Zukunft (wachsen um jeden Preis, immer weiter, schneller, größer, reicher …)  nicht gut enden konnte. Tom hat dann die Konsequenzen gezogen. Heute bin ich gelegentlich froh, dass Tom die Entwicklung ins Jahr 2025 nicht mehr erleben mußte.

Ja, wir tanzten nur einen Sommer lang. Sein Freitod am 21. August 2015 traf mich wie ein Blitzschlag. An der Beerdigung von Tom konnte ich teilnehmen. Ich durfte seine Frau und seine Familie inklusive seines Bruders und Partners Roland kennen lernen. An diesem Tage wurde ich um viele Visionen ärmer. Es war zum Heulen. Auch heute glaube ich immer noch, dass wir zu zweit noch viel hätten bewegen können. Aber es sollte nicht sein.

Vor zehn Jahren war das ein großer Tiefschlag für mich. Quasi ein Weltuntergang! Der Verlust von Tom hat dann auch meinen Rückzug aus der InterFace AG und aus der IT beschleunigt.

RMD

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