Rückmeldungen und Gespräche zu meinem Post über Groupware haben mir klar gemacht, dass der unternehmensweite Einsatz von Groupware-Kalendern wie Exchange/Outlook nicht nur die Unternehmenskultur durch Kalenderspionage negativ verändert sondern eine inflationäre Steigerung von Besprechungen bewirkt.
Und in der Tat: Viele meiner Freunde in Management- und Stabsfunktionen beklagen, dass sie vor lauter Besprechungen nicht mehr „zum Arbeiten“ kommen. Die Ursache liegt auf der Hand: Es war noch nie so leicht, mit einem „Klick“ eine gemeinsame freie Zeitscheibe von einer beliebigen Auswahl von Menschen zu finden und zu belegen. Dem menschlichen Naturell folgend erfolgen viele Besprechungen spontan, ausgelöst von situativen Überlegungen. Aufgrund der Mühelosigkeit laden wir aus verschiedensten Gründen gerne lieber einen Kollegen mehr ein. Wegen des Terminstaus sind die Termine aber nie zeitnah, bis zum Termin hat sich dann das Problem oft schon erledigt (oder ist zumindest gar nicht mehr so wichtig).
Wir vergessen dabei, wie wertvoll die Zeit unserer Mitmenschen ist. Und vermehren unbewusst die unproduktiven Stellen im Unternehmen.
Jetzt kann man nach Regeln für das Arbeiten mit dem Terminkalender rufen (die Policy für Schreiben von E-Mails haben wir ja schon, obwohl sich keiner daran hält). Dann gibt es ein weiteres Regelbuch oder gar eine Betriebsvereinbarung mehr (mit 20 Seiten oder mehr). Hier wird dann geregelt, wer wen einladen darf, was Gründe für eine Termin-Ablehnung sind oder festlegt, wann ein Meeting überhaupt stattfinden darf. Eine grauenvolle Vorstellung.
Die ketzerische Frage sei gestattet: Sollte in der heutigen Zeit die große Besprechung nicht die Ausnahme sein. Klar kommunizierte Ziele auf der Basis einer kommunikativen Gemeinschaft machen die meisten Besprechungen so unnötig wie einen Kropf.
Wenn ich also der CEO eines großen Exchange/Outlook-getriebenen Unternehmens wäre, würde ich ganz schlicht die unternehmensweite Veröffentlichung von Terminkalendern beenden und dafür mehr Team-Assistenten (nannte man früher Sekretärinnen) einstellen. Vielleicht würde man mich dafür kreuzigen – aber dem Unternehmen würde es gut tun.
P.S.
Privat darf jeder tun was er will, auch seine freien Zeiträume für die ganze Welt offen legen.