Moderne Unternehmen wünschen sich, dass ihre Mitarbeiter im Unternehmen aktiv “mitmachen”. Eine Partizipation der Mitarbeiter an der Entwicklung und ihre Beteiligung an den Entscheidungen des Unternehmens gilt als positives Asset und als notwendige Bedingung für Zukunftssicherheit. Begriffe wie “demokratisches Unternehmen” sind in Mode. Manche schwärmen sogar von Holokratie, (“Holocracy”, das Wort verunglimpfe ich gerne abwertend zu “Holocrazy”).
Doch habe ich hohen Respekt von den dahinter liegenden Absichten. So wie ich auch die Gedanken zur “Gemeinwohlökonomie” (z.B. nach Christian Felber) sehr schätze. Aber wie kann ein Unternehmen die notwendige Veränderung schaffen?
Ich meine, dass beim Versuch, die Kultur in einem Unternehmen zu gestalten, Social Media eine wichtige Rolle spielt – intern wie extern.
Für Wandel und Veränderung sind Kommunikation auf Augenhöhe und ein unternehmensinternes Intranet, das ein wenig wie bekannte Social Media Systeme à la Facebook funktioniert, wichtige Voraussetzungen. Heute redet man in diesem Kontext auch von “Corporate Social Media (CSM)”. Vielleicht haben wir bald neben dem SEO (Search engine officer verantwortlich für search engine optimization) auch einen “SMO”. Wobei dann SM natürlich nicht für sado-maso sondern für Social Media steht (Social Media Officer).
Einem von oben verordneten CSM stehe ich skeptisch gegenüber. Die Mitarbeiter müssen die Transformation machen. Wie auch bei dem sehr aktuellen Thema CSR (Corporate Social Responsibility). Da geht es darum wie ein Unternehmen “ethischen” Ansprüchen genügt. Auch das muss die Basis wollen und machen.
Meine Skepsis zu CSR durch Führungskräfte versteht man sofort, wenn man zum Beispiel die Bücher des Herrn Otfried Höffe liest. Dessen Bücher sind zur Standardliteratur an den Unis im Fach Ethik geworden. Ich weiß nicht warum – steht da nach meinem doch ein schlimmer Stoff drin, den die armen Wirtschaftsstudenten da lernen müssen und der einem philosophischen Anspruch nicht genügt.
Aber ich bin ja auch ein böser Skeptiker, der sogar das wertvolle BGM (Betriebsgesundheits Management) als einen lächerlichen Begriff empfindet, obwohl es gar nicht mit “C” anfängt – den Abkürzungen, die mit C anfangen misstraue ich besonders. Nicht nur in der Politik und nicht nur wenn das C für “Christlich” oder “Corporate” steht. So wie ich bei allen Kombinationen und Abkürzungen vorsichtig bin, die Begriffe wie Management, Manager oder Officer beinhalten.
Jetzt aber zum konstruktiven Teil meines Artikels. Ich möchte hier am Beispiel von Twitter erläutern, wie man es im Unternehmen hinkriegen kann, dass die Menschen des Unternehmens gerne und sinnvoll bei Coporate Social Media, also nach außen gerichtet, mitmachen. Dies aus Freude und intrinsischer Motivation heraus, ohne irgendwelche Anreize oder ähnliches.
Wie kann ein echtes gemeinsames Twittern eines Unternehmens erreicht werden, das so authentisch im Netz seine Stärke und Kompetenz zeigen und sich als sympathisches Kollektiv von tollen Individualisten dem Markt präsentieren kann.
Wie man sich leicht denken kann, geht das aber nicht durch ein zentral gesteuertes Marketing alter Denke. Nicht nur die Rolle des Marketings muss sich gravierend ändern, auch – durchaus nicht neue – Tugenden wie das Subsidiaritäts-Prinzip aufbauend auf Vertrauen und Fehlertoleranz müssen wieder aufleben.
Bevor ich anfange, möchte ich das “kollektive Twittern eines Unternehmens” abgrenzen von “funktionaler Twitterei”, wie es die Bahn (@bahn) oder die Telekom mit ihren Twitterkennungen machen (Telekom hilft – @Telekom_hilft – habe ich selbst mal probiert, wie ich in Not war und hat mir sehr geholfen). Das ist sehr sinnvoll und oft ein guter Weg, zu diesen Unternehmen mit seinen Problemen durchzudringen und so oft für die Nutzer die einzige Chance, gehört zu werden, wenn Hotline und andere “normale” Kanäle zum Unternehmen versagen.
Fürs Unternehmen lohnt sich solche Nutzung von Social Media Kanälen auch, weil so wesentlich Last von den teuren Hotlines genommen werden kann, die allein schon wegen ihrer Überlastung die Kunden verärgern. Und gute social media services sind in der Regel viel preiswerte anzubieten als eben ein klassischer Help Desk.
Dies hat aber mit “Coporate Social Media” im Sinne “hier twittert die Belegschaft” nichts zu tun.
Um als Unternehmen gemeinsam twittern zu können, ist zuerst Mal eine gemeinsame Twitterkennung, die von möglichst vielen, am besten allen Mitarbeitern genutzt werden kann. Zu Anfang sollte ein definiertes Team beispielhaft auf dieser Kennung fürs Unternehmen twittern und diese Kennung moderieren. Langfristig ist natürlich eine Moderation von allen Beteiligten in gemeinsamer Verantwortung wünschenswert.
Vielleicht sollte dieses Team auch ein paar Hinweise und organisatorische Hilfestellung geben, welche Art von Kommunikation im Sinne des Unternehmens ist und was eher nicht. Wobei die Mitarbeiter das meistens selber schon auch sehr gut wissen.
Weiter sollte in jeder Filiale in Räumen wie dem Entrée, Teamräumen oder Küche ein Bildschirm vorhanden sein, auf dem eine Twitterwall (hier das Beispiel der ActMobCmp-Twitter-Wall) mit den aktuellen Tweets läuft. Denn das Lesen der Tweets der Freunde und Kollegen macht Appetit, auch selber zu twittern. So kommt das Mitmachen und die gemeinsame Moderieren ganz von selber.
Twittern steht in diesem Artikel so ein wenig als Metapher für Social Media ganz allgemein. Mit Facebook, Google+ oder auch einem Corporate Blog geht das dann auch nicht viel anderes. Das “Corporate Twittern” ist so ein guter Einstieg in weitere corporate social media Aktivitäten. Wenn (fast) alle mit Begeisterung dabei sind, dann kann man sich auch mit “Corporate Blogging” versuchen.
RMD
P.S.
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