Ein Unternehmen ist ein „sozio-ökonomisches System“. Um ein „ethisches Unternehmen“ sein zu können, muss es einen angstfreien Raum für seine „inneren“ Stakeholder bieten.
Angst ist kein guter Motivator und führt nicht zu erfolgreicher Teamarbeit. Das klingt trivial, ist aber in vielen Unternehmen keine Selbstverständlichkeit.
Ein angstfreier Raum ist nur möglich, wenn es eine Unternehmenskultur gibt, die auf allgemein akzeptierten Werten basiert. Und das gegenseitige Vertrauen einer der ganz wesentlichen Werte ist.
So eine Kultur und die Wertebasis können nicht synthetisch hergestellt werden. Sie müssen gelebt werden und sich über die Jahre entwickeln.
Das braucht Vorbilder, gemeinsame Leitbilder, viele „Evangelisten“ und auch seine Zeit.
Man kann keine externen Berater engagieren und beauftragen, die grundlegenden Werte eines Unternehmens zu definieren.
Das wird oft probiert, geht aber immer schief. Auch sollte man die Unternehmenswerte nicht auf Plakate drucken und in Aufzügen aufhängen.
🙂 Wahrscheinlich sind die Unternehmen, in denen die Menschen die Treppen nutzen, eh die besseren.
Sonst kann es einem ergehen wie in dieser Geschichte:
Gemeinsam mit einem tollen Beratungsunternehmen hat der obere Führungskreis die „7 goldenen Werte“ des Unternehmens ermittelt. Einer gefällt besonders und wird plakatiert:
„Bei uns steht der Mensch in der Mitte!“
Darunter hat dann ein Schmierfink geschrieben:
„Und dort im Weg!“
So wichtig eine solide Wertebasis ist, so reicht sie nicht ganz aus. Wenn ein Unternehmen wächst, braucht es zusätzlich klare Regeln. Sie vereinfachen das Zusammenleben und helfen allen bei der Entscheidungsfindung. Die Regeln sind quasi Richtlinien zum Umsetzen der Werte.
Die Regeln dürfen aber nie zum Selbstzweck werden. Sie müssen immer wieder kritisch auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft und bei Bedarf geändert bzw. abgeschafft werden.
Auch das ist eine Riesenherausforderung. Leider gilt das besonders in Unternehmen mit einem Betriebsrat. Dort sind die Regeln oft in Betriebsvereinbarungen festgeschrieben, das ist so als ob sie in Stein gemeißelt wären.
Oft werden sie dann einfach klammheimlich (und in verschiedenen Abteilungen unterschiedlich) teilweise oder ganz ignoriert oder ganz anders interpretiert.
Das ist natürlich blöd, gerade ein „ethisches Unternehmen“ sollte sich keine Regeln und Rituale geben, die zwar vermeintlich aufgrund von Sachzwängen so sein müssen, aber an die sich keiner hält.
Und immer muss bedacht werden, dass die Zeiten sich aus vielen Gründen rasch ändern.
So erfreulich konservative Werte an sich sind, wenn man nicht mit der Zeit geht, können gute Absichten leicht ins lächerliche gezogen werden – und eine an sich gute Wertebasis geht an oberflächlicher Kritik kaputt. Das wäre schade.
Und noch etwas ganz wichtiges!
Systeme lieben es, sich selbst und ihren Erhalt zum Selbstzweck zu machen. Das ist eine große Gefahr für jedes Unternehmen. Und ein Unternehmen, das am Schluss als einziges Ziel hat, sich selbst zu erhalten, wird schnell zum faschistoiden System.
Deshalb braucht ein „ethisches Unternehmen“ eine starke Unternehmenskultur, die auch gegen eine solche für ein System typische Entwicklung resistent ist.
RMD
P.S.
Wenn ich in dieser Beitragsserie von einem „Sozialen oder öko-sozialen System“ schreibe, so meine ich damit die Gemeinschaft von Menschen, die sich in einem System zusammen geschlossen haben oder wurden, um gemeinsam Ziele erreichen oder Handlungen durchführen zu können.
Beispiele für ein soziales System sind eine Familie, ein Verein, eine Kommune, ein Unternehmen oder auch ein Staat.
Damit meine ich nicht die sozialen Sicherungssysteme, die im Volksmund ja auch oft (und fälschlicherweise) als Sozialsysteme bezeichnet werden.