Von oben vorgegebene Befehle exekutieren hat nichts mit „Führen“ zu tun. Befehle nach Vorschrift funktional umsetzen, das kann auch ein Automat, dazu braucht man keine Menschen.
Alle Menschen in „Manager-ähnlichen Positionen“ sollten „echte“ Führungskräfte sein und nicht als Systemagenten oder Funktionäre agieren.
Sie sollten die Fähigkeit des Zuhören gelernt haben und über ein gewisses Maß an Empathie verfügen. Realitätsnähe und Erfahrungswissen zeichnet sie aus.
Sie sind autonom und verfügen über ein hohes Mass an konstruktivem Ungehorsam.
Natürlich verstehen sie es, mit ihren eigenen Ressourcen umzugehen und haben deshalb ausreichend Zeit für ihre Mitarbeiter.
Man soll den (wahrhaftigen) Eindruck haben, dass sie mit ihrem eigenen Leben zurecht kommen.
Sie können und sind willens, zeitnah Rückmeldungen zu geben. Sie verfügen über eine gesunde Autorität und fördern Zivilcourage. Ihre Türen sind offen und sie freuen sich, wenn sich ein Mitarbeiter direkt an sie wendet. Sie strahlen Souveränität und Toleranz aus.
Das klingt jetzt nach übermenschlichen Eigenschaften. Aber erstens wird in keiner Dimension 100 % gefordert und zweitens machen kleine Fehler auch Führungskräfte erst sympathisch.
Aber auch die Organisation muss mitspielen. So entdecke ich immer öfter „schizophrene Unternehmen“.
Das sind Unternehmen, in denen das operative Management schlüssig an sinnvollen Lösungen arbeitet.Und parallel dazu sendet das strategische Management ganz andere Signale und gibt widersprüchliche Ziele vor.
So wird die die Arbeit des operativen Managements entwertet, es entsteht allgemeine Unsicherheit. Die Klarheit geht verloren. Ähnlich wie bei einem schizophrenem Menschen weiß keiner mehr, woran er dran ist.
Ein weiteres Problem erscheint mir der Abbau der Hierarchien. Wahrscheinlich war die 10-stufige Hierarchie bei Siemens gar nicht so schlecht. So gab es genug „Vorgesetzte“, die sich um ihre Teams kümmern konnten.
Und die Vorstände kannten damals ihr Unternehmen und ihre Mitarbeiter. Sie kamen aus dem Unternehmen und verfügten über eine stabile Organisation, auf die sie sich verlassen konnten. Die scheint heute oft verloren gegangen zu sein.
Heute scheinen die Vorstände ihre Unternehmen nicht mehr zu kennen. Dafür haben wir flache Hierarchien, die aber Mogelpackungen sind.
Flache Hierarchien erschweren Führung, der Führende ist einfach für zu viele Menschen zuständig, und da gibt es natürliche Grenzen.
Im Zeitalter der totalen Kostenoptimierung wurde viel Sinnvolles weg rationalisiert. Führungskräfte wurden als unnützer Overhead genauso eingespart wie die so wichtigen Sekretärinnen.
All das darf dem „ethischen Unternehmen“ nicht passieren. Da muss Führung funktionieren wie beim klassischen Mittelständler, wo der Chef jeden Tag durch alle Bereiche des Unternehmens geht und alle Leute beim Namen kennt.
Ich lese übrigens gerade ein spannendes Buch mit dem Titel „DIE KUNST LOS ZU LASSEN oder ENTERPRISE 2.0“. Das Buch gefällt mir ausnehmend gut. In einem Artikel wird „Kontrolle“ als schädlich für ein Unternehmen bezeichnet und „Keine Kontrolle“ als aktive und lebensnotwendige Führungsstrategie für moderne Unternehmen empfohlen.
Passt gut zum „ethischen Unternehmen“, finde ich.
RMD
P.S. Die kleine Sammlung von Schrott habe ich gestern bei meiner Radtour auf nur 27 km und ungefähr 400 Höhenmetern gefunden. Ansonten war Faulenzen angesagt.