Bisher war fĂźr mich ein Unternehmen ein soziales System. Das gilt auch weiter. Aber ich habe dazugelernt. Oder besser:
đ Ich bilde mir ein, dazu gelernt zu haben.
Ein Unternehmen besteht zuerst mal aus vielen Menschen. Es ist ein Menschenhaufen, hat einmal ein junger Mann bei einem Vortrag von mir an seinem Gymnasium gesagt. Also ein Haufen von Menschen. Diese entwickeln ein soziales Leben. Gemeinsamkeiten bilden sich heraus und das GefĂźhl von ZugehĂśrigkeit entsteht.
Vertreten wird der „Menschenhaufen“ durch eine juristische Person oder KĂśrperschaft, das Unternehmen und dessen „Organe“ – die GeschäftsfĂźhrer oder Vorstände. Es besitzt Eigentum verschiedener Art wie BĂźrogegenstände, Maschinen oder Gebäude. Aber auch Patente und besonderes Wissen. Es entwickelt eine Kultur und „basic beliefs“, ein Wertesystem, Routinen und Rituale. Eigene Symbole werden erschaffen, ein „Marke“ gebildet.
So ein Unternehmen unterscheidet sich von anderen sozialen Systemen, wie Kirchen, Vereinen oder Staaten dadurch, dass es einen wirtschaftlichen Zweck hat.
Der kann sein – wie im Sinne der Bayerischen Verfassung – Waren herzustellen und Dienstleistungen anzubieten, die die BedĂźrfnisse der Menschen im (und auĂerhalb) des Landes befriedigen und dabei auch ein gerechtes MaĂ an Gewinn zu erwirtschaften. Es kann aber auch, dass das einzige Interesse des Unternehmens das Erwirtschaften von Gewinn ist und es keine Rolle spielt, ob es sinnvolle oder vielleicht sogar Ăźberhaupt noch etwas liefert. Zweiteres hat in den letzten Jahren stark zugenommen, nicht nur in den einschlägigen Branchen der Finanzwirtschaft.
Soweit mein bisheriges Verständnis von Unternehmen. In den letzten Jahren ist mir aber immer mehr bewusst geworden, dass in dieser Definition etwas fehlt.
Es ist die Organisation des Unternehmens. Das ist ein schwer zu beschreibendes Ding oder Wesen. Ihr kommt aber in vielen Punkten eine ganz zentrale Rolle und Bedeutung zu.
Organisation kann hĂśchst unterschiedlich funktionieren. Demokratisch oder undemokratisch. Hierarchisch oder kooperativ. Intensiv geregelt oder chaotisch. Sie kann strafen oder belohnen, Angst erzeugen oder helfen, Leben in vielen Dimensionen zu entwickeln. Internes Rivalentum oder Kollaboration fĂśrdern. Sie kann von AugenhĂśhe oder Befugnis leben.
Die Organisation kann ein Unternehmen gestalten. Sie hat sicher einen hohen „impact“ auf und eine beachtliche Relevanz fĂźr das Unternehmen.
Jetzt stellen sich mir Fragen:
Was ist das eine Organisation? Selbst wenn ein Unternehmen „keine“ Organisation hätte, so wäre dies auch wieder eine Form von Organisation?
Kann man – und wenn ja – wie kann man eine Organisation verändern?
Bildet sich eine Organisation automatisch aus den im Unternehmen gelebten Routinen und Ritualen? Ist eine Organisation die Menge der im Unternehmen ein- und ausgeĂźbten Prozesse?
Welchen Einfluss haben die Symbole, die ein Unternehmen sich selbst gibt? In welcher Beziehung steht die Kultur eines Unternehmens zur Organisation?
Und je mehr ich nachdenke und nachlese, desto mehr wird mit klar, was fĂźr ein komplexes Wesen auch ein kleines Unternehmen ist. Und wie es wohl unmĂśglich ist, den immer notwendigen Wandel „von oben“ steuern zu wollen.
Und wie ßberholt oft das Verständnis von Management und Fßhrung ist, das man wohl immer noch an Hochschulen lernt. Mit dem man (meistens verunglßckende) Unternehmensgrßndungen praktiziert und das auf breiter Basis noch in zahlreichen Unternehmen gelebt wird.
Und kann mich nur in meinem Vorsatz bestärken, es selber ein klein wenig besser zu machen. Im Sinne eines kontinuierlichen und eher evolutionären Verbesserungsprozess. Anstelle groĂer SprĂźche und vermeintlicher strategischer Weisheit und Weitsicht.
RMD
P.S.
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