Wieder mal Gelegenheit, für einen Eintrag in mein Urlaubstagebuch! Seit Montag Abend bin ich in Finnland. Eine kleine Turboprop-Maschine mit 50 Menschen hat uns in Savonlinna ausgespuckt. In Helsinki am modernen Flughafen hatten wir – kommend von München in einer Embraer 190 – vier Stunden Aufenthalt. Wir – das sind Barbara und unsere beiden „kleinen“ Töchter, Sophie und Maresa. Die Turboprop hat uns nach einem Zwischenstop in Varkaus (bis dahin waren es 50 Flugminuten) in weiteren 15 Minuten hierher gebracht.
Wir sind gemeinsam mit einem Dirigenten und ein Sängern und Sängerinnen geflogen. Im Juli sind in Savonlinna Openair Opernfestspiele. Muss ein Ereignis von großem Rang sein, wenn ich dem folge, was unsere Reisegefährten so erzählen. Ganz berühmte Künstler kommen nach Savonlinna. Das ist ein Riesengebiet, das nur von 30.000 Menschen bewohnt ist.
Am (kleinen) Flughafen von Savonlinna werden wir von unserem Bootsvermieter abgeholt. Ein finnischer Unternehmer, der sich mittlerweile auch über den Euro ärgert. Er bringt uns zum Supermarkt. Dort kaufen wir die ersten Vorräte für die Woche auf seinem (unserem) Boot. Dann geht es weiter zum kleinen Hafen. Dort liegt ein schönes großes Schiff für uns bereit, sehr ordentlich und mit Sauna.
Noch sind wir zu viert. Meine Tochter Anna mit ihrem Mann Patrick erwarten wir erst nächsten Morgen. Die erste Nacht auf dem Boot passt. Zwar haben wir noch keine Bettwäsche (als Folge eines interkulturellen Missverständnisses) – aber die wird dann morgen nachgereicht. Mit wäre es besser, aber es geht natürlich auch ohne. Zuerst kochen wir auf dem Boot unser Abendessen. Spaghetti mit Tomatensauce und Salat schmecken immer.
Am nächsten Morgen erwarten wir Anna und Patrick. Noch ein Frühstück, dann geht es los. Zuerst mal ein wenig ans Boot gewöhnen. Unser Hausboot heißt Aurora – Sonnenaufgang. Schöner Name. Es hat kein Steuerrad. Mit einem kleinen Schalter, den man nach links und nach rechts bewegen kann, wird gesteuert. Nicht schlecht – aber man kann nicht immer ganz präzise den Kurs fahren, den man sich wünscht. Das analoge Steuerrad ist da doch präziser. Aber was soll es – auch ohne Steuerrad klappt es.
Dafür hat es zwei „Cockpits“. Man kann es aus der Kabine und von oben steuern. Oben ist der Stand fürs schöne Wetter, unten steuert man bei Regen. Es verfügt auch über Bugstrahler und lässt sich so wunderbar „rangieren“. Bootsfahren ist einfach geworden, wie vieles in der Welt.
Es regnet in Strömen. Und ist irgendwie recht kühl. Drei Wochen lang soll es hier so richtig heiß und sonnig gewesen sein. Der Regen stört uns aber nicht. Wir fahren zuerst nach Savonlinna. Man merkt, dass wir in der Vorsaison unterwegs sind. Nirgends ist viel los – ich reise gerne in der Nebensaison. In Savonlinna gehen wir über den Markt, besuchen das kleine Zentrum. Ein Schnellimbiss lädt uns zu Fish&Chips ein. Sehr lecker.
Wir fahren nach Süden: Das Wasser ist braun – wir durchqueren eine moorige Landschaft. Im Süden soll das Wasser ganz klar sein. Das wollen wir sehen, bevor wir uns zu unserer Rundreise in den Norden begeben. Wir fahren in Richtung Russland. Wahnsinn – wir sind nördlich von Russland.
Am Abend legen wir an einem Steg an – nicht weit weg von einem kleinen Kaffee und Geschäft. Es ist geschlossen, aber wir haben ja unsere Vorräte: finnisches Brot mit Fisch und anderen Leckereien. Und viel Salat. Die Lebensmittel in Finnland sind teuer, aber sehr lecker. Die zweite Nacht an Boot in der frischen Bettwäsche ist der Luxus pur.
Am Mittwoch bin ich faul. Lass die anderen fahren und lese ein Buch von Werner Schlierf, das ich vor kurzem für einen EURO auf dem Flohmarkt gefunden habe. „Mein steiler Zahn in Himbeerrot“ heißt das Buch. Es tut weh. Ich werde es bei Gelegenheit hier im Blog vorstellen.
Das Buch hat mich traurig gemacht. Übers Lesen ist das schlechte Wetter gegangen. Die Sonne scheint plötzlich – sofort wird es schön warm. Am Abend sehen wir nur noch wenig Wolken.
Wir gehen in die Sauna in der Nähe unserer Anlandestelle. Das Moos auf dem Waldweg passt zu meiner Stimmung. Es erinnert mich an meine Kindheit. Wunderschön. Alles ist friedlich, still und ganz einfach. Was für ein Leben.
Ich freue mich aufs Bett. Um 23:00 ist es immer noch hell. Eigentlich wollen wir alle nicht schlafen gehen. Aber unser Boot hat paar dunkle Ecken. Da sehe ich das Licht nicht und werde auch heute Nacht wieder gut schlafen.
RMD