UTB Südsee #11 Zweiter Seetag – ZUR LAGE

Heute ist Samstag, der 19. März 2011. Wir fahren bei ruhiger See in Richtung Äquator. Die Menschen auf dem Schiff sind nachdenklich geworden.

Die Ereignisse in Japan und anderen Brennpunkten der Welt haben uns alle betroffen gemacht. Die Hilfsbereitschaft auf dem Schiff ist groß. Wie auch in Samoa, unserem letzten Ort in städtischer Umgebung. Dort haben wir in Apia mehrere Stände gesehen, an denen das lokale „Rote Kreuz“ offensichtlich sehr erfolgreich für Japan gemalt habe.

Auch auf unserem Schiff scheint Besatzung wie Gästen klar zu sein, dass in der Welt doch so einiges faul ist und es so nicht weitergehen darf und kann. Auch ich denke nach: Was habe ich eigentlich zum Zeitpunkt einer solchen Katastrophe auf einem Luxusschiff verloren?

Ein wenig hatte ich mich aus Trotz für diese Reise entschieden. Handle ich doch gegen meine Überzeugung. Wollte einfach mal über die Stränge schlagen und die vielen komplexen Überlegungen, was man tun oder nicht tun soll, außen vor lassen. So wie ich auch oft am Sinn meiner Arbeit zweifle. Ist mir doch auch irgendwie klar, dass ich gegen den Lauf der Dinge machtlos bin. Und so erfasst mich gelegentlich ein Gefühl großer Ohnmacht. Reden hilft nichts – und Handeln wohl auch nichts.

Jetzt verbringe ich drei Wochen auf dem wohl besten Schiff der Welt. In einer kleinen für sich abgeschlossenen Luxuswelt. Wir sind weit weg von jedem nächsten Land, ganz alleine im Pazifik. Tausende Meter Wasser unter uns.

Ich höre von Problemen von zu Hause, die mir wichtig aber für die Welt völlig unwichtig sind. Und mache mir meinen Kopf darüber. Manchmal wohl auch für nichts und wieder nichts. Die Dinge werden sich auch ohne mich regeln.

Oft erscheint mir alles unwichtig. Der eigene Ärger und meine Sorgen. Aber auch, wie viel Radioaktivität aus den havarierten Reaktoren in Japan entweicht und wie sich diese sich weltweit verteilt.

Für mich geht es doch nur darum, wie ich die nächsten Jahre anständig verbringe. Gelingt es mir, diese Jahre so zu gestalten, das ich mit mir selber zufrieden bin und auch meine Mitmenschen mit mir zufrieden sein können?

Ab und zu sehe ich Paare, die auf unserem schwimmenden Paradies streiten. Und notorische Nörgler, die an Kleinigkeiten soviel auszusetzen haben, dass sie sich in einen richtigen Ärger rein steigern können. Das sind dann so richtig unglückliche Menschen mitten im Paradies.

So weiß ich zumindest, was ich nicht tun darf. Glücklicherweise sind meine Begleiter genau derselben Meinung. Und so wollen wir es auch halten.

Zufrieden sein, mit dem, was wir erleben dürfen. Und unsere täglich gefühlte Freude an dieser Welt nicht durch die großen Unglücke in der Welt und auch nicht von den Problemen, die uns aus der Heimat erreichen, kaputt machen lassen. Und das Einmalige, das wir hier erfahren dürfen, nicht durch dumme Unzufriedenheit zu beschädigen. Einfach bewusst genießen ohne zu viel nach zu denken.

Und trotzdem nicht vergessen, dass es vielen Menschen so richtig schlecht geht, während es uns so richtig gut geht.

RMD

Eine Antwort

  1. Roland, how have you suddenly reached such a level of wisdom? I hope my blog comments have helped.

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