UTB Südsee #8 – TONGA Ade, Kurs Samoa, Risiko Management

Am Sonntag, den 13. März, liegen wir auf Reede in MALA ISLAND in Tonga. Um Mitternacht werden wir Tonga verlassen und Kurs in Richtung Apia/Samoa aufnehmen.

Den 14. März werden wir zweimal haben, also zwei Montage in Folge (Monday, Monday). Dabei wird der erste Montag auch unser erster Seetag sein.

MALA ISLAND ist Teil der Vava’uwar Inselgruppe. Es war wieder ein richtiger Südseetraum. In einer Ausdehnung von 21 km von Ost nach West und 25 km von Nord nach Süd finden sich 34 Inseln, davon sind 17 bewohnt. Bis zu 200 Meter hoch sind die Inseln und tropisch dicht bewachsen.

15.000 Einwohner leben hier, davon 3.900 in der Hauptstadt Neiafu. Einen 11 km langen Fjord gibt es, der zur Hauptstadt führt.

Der kommende Donnerstag fällt aus, dafür werden wir nächste Woche einen doppelten Dienstag haben, und dann ist alles wieder im Lot. Die Datumsgrenze haben wir dann gleich ein paar Mal  überquert. Die wird übrigens bei weitem nicht so häufig überquert wie der Äquator.

🙂 Die Überquerung der Datumsgrenze soll übrigens ganz ungefährlich sein.

Wie wir auf Land waren und Südsee aus dem Bilderbuch erlebten, hat die Crew die Spuren an der weißen Schiffswand beseitigt, die die großen Gummireifen an der Pier im Hafen von Nuku’alofa/Tonga hinterlassen haben. Der Wind hatte das Schiff gegen die Hafenmauer gepresst und die schwarzen Reifen an der Pier hatten so kräftige Abriebspuren in Höhe der Wasserlinie hinterlassen.

Die MS Europa muss aussehen wie ein „weißer Schwan“ hat der „Staff Captain“ bei der Begrüßung gesagt. Jetzt werden die weißen Flecke am Bauch des weißen Schwans von Matrosen auf einem Zodiac mit weißer Farbe überpinselt.

Denn natürlich ist die MS Europa wie alle Schiffe alles andere als ein weißer Schwan. In Wirklichkeit ist sie ein Öl verschlingender Drache.

Ich komme darauf, weil ich doch einige Zuschriften im Zusammenhang mit der Katastrophe in Japan bekommen habe, die sich Sorgen um uns gemacht haben.

Nein, Sorgen um uns muss man sich garantiert nicht machen. Auf hoher See kann wohl eh nicht viel passieren. Dem Wetter geschuldetes Unbill wird rechtzeitig erkannt. Das Schiff hat genug Zeit  aus zu weichen. Tsunami-Wellen sind dem Schiff nur im Hafen gefährlich, und auch da sind die Vorwarnzeiten in der aktuellen Krisensituation mehr als ausreichend.

Angeregt durch die aktuelle Situation habe ich mal ein Krisenszenario für uns entworfen. Und fand ganz schnell eine echte Bedrohungssituation, die ein schnelles AUS für den „weißen Schwan“ und seine Gäste bedeuten würde.

Es müsste nur der Fall eintreten, dass der „weiße Schwan“ kein Öl mehr zu „trinken“ bekommt. Dann wäre ganz schnell Schluss mit dem System „Kreuzfahrtschiff“.

Die MS EUROPA verfügt über 4 Großdiesel. Zwei davon produzieren genügend Strom, um die beiden Azipod (große, einer Gondel ähnliche Elektromotoren mit Schraube, die am Schiff hängen und um 360 Grad gedreht werden können) zu versorgen und einen durchaus vernünftigen Vortrieb zu erzeugen. Aber einer der Diesel muss den Generator antreiben und so für die Versorgung des Schiffs mit Strom sorgen.

Und ohne Strom geht nichts. Ob das die Kühlung der Nahrungsmittel, die Zubereitung der Speisen, die Temperatur in den Räumen, die Versorgung mit Wasser oder was auch immer ist. Selbst die Zodiacs (oder Fahrräder) werden mit elektrischen Kränen zu Wasser gelassen. Und natürlich haben die Zodiacs wie auch die Tender (die gleichzeitig die Rettungsboote sind) einen kräftigen Dieseldurst haben.

Nicht zu vergessen, dass sich auch die MS Europa mit ihren modernsten Antrieben ohne Öl schlagartig von einem der sichersten Schiffe der Welt zu einem Spielball des Meeres verwandeln würde, dass hilflos dessen Launen ausgesetzt wäre und diesen nicht sehr lange widerstehen könnte.

Jetzt nehmen wir mal an, die MS EUROPA kommt im nächsten Hafen (zum Beispiel auf Hawaii) mit leerem Tank an und muß diesen wieder füllen. Denn sie benötigt ungeheure Mengen Schweröl. Da sie reich an Devisen ist, hat sie bisher immer ihr Öl bekommen.

Der Hafen könnte zerstört sein. Die Logistik zusammengebrochen. Wegen eines Erdbebens. Oder wegen einer Flächenrevolution. Oder kriegerischer Auseinandersetzungen. Und als Folge eines „Flächenbrandes“ geht auch im reichen Teil dieser Welt nichts mehr. Die Autos auf den Straßen bleiben stehen und die Weltwährungen sind nichts mehr wert.

Dann ist es in der Tat sehr unwahrscheinlich, dass die schwimmenden Städte der Kreuzschifffahrt wie unser weißer Schwan überall in der Welt bereitwillig von den Häfen die Unmengen an Öl bereitgestellt bekommen, die sie brauchen.

Dass dann die großen Flieger, die die Menschen von den Häfen in ihre Heimat bringen auch nicht mehr selbstverständlich fliegen dürften, wäre auch sehr wahrscheinlich. Vielleicht trägt dann unterstützender Weise der Vulkan auf Hawaii ein wenig bei, indem er seine Asche spuckt.

Aber dieses Krisenszenario ist ja genauso blöd und unwahrscheinlich wie dass ein Kraftwerk sich nicht abschalten lässt und ein Kernschmelze passieren könnte.

Ich halte dieses Krisenszenario für realistisch, aber mache mir auch da keine Sorgen.

Erstens ist es ja immer wahrscheinlicher, dass so etwas in Zukunft als jetzt passiert. Und ich habe schon so viel Schönes erlebt. Meine Kinder sind groß und werden es in Europa auch ohne mich schaffen.

Dann mache ich noch meinen persönlichen Krisenvorsorgeplan:

🙂 Bis Hawaii reicht das Öl sicherlich. In Hawaii muss ich mich dann entscheiden. Versuche ich in so einem Fall wieder in die Heimat zu kommen? Oder setze ich mir als Ziel, auf niedrigsten Niveau zufrieden den Rest meines Lebens zu verbringen, ganz gleich wo ich bin?

Dann allerdings hätte ich besser auf den Fidschis, im Tonga oder in Samoa bleiben müssen. Da kann man immer noch ganz gut ohne den ganzen westlichen Quatsch leben.

Wenn ich wieder nach Riemerling wollte, hätte ich allerdings eine gewaltige Herausforderung vor mir. Zuerst müsste ich Amerika erreichen. Da könnte ich mit unserem Schiff vielleicht noch weiter nach San Franzisco reisen (bis dahin reicht der Sprit auf jeden Fall). Dann müsste ich den nordamerikanischen Kontinent durchqueren.

Das klingt abenteuerlich. Und dann käme die letzte große Herausforderung, die Überquerung des Atlantiks. Von der französischen Westküste nach Riemerling zu kommen erscheint da vergleichsweise einfach.

🙂 Da ich erst 60 bin, sollte das auch noch machbar sein.

Ja, so ist das mit dem Risikomanagement, das übrigens deutschen Aktiengesellschaften gesetzlich vorgeschrieben ist. Man muss ein Szenario erarbeiten und dann Lösungen konzipieren.

Ist übrigens nach meiner Meinung alles Quatsch. Die realen Probleme sind ganz andere. Und da sollten wir versuchen, diese nicht durch den Bau von Kernkraftwerken und ähnlichem noch potentiell zu erhöhen. Sondern liebe einfache und/oder unschädliche Technologien schaffen und einsetzen …

Aber von Bord des nach Berlitz Cruise Guide auch in 2010 wieder besten Kreuzschiffes dieser Welt lässt sich natürlich ganz gut reden … Und genießen und leben! In diesem Sinne schließe ich meinen Bericht von einem wunderschönen Seetag, Montag, den 14. März 2011 und zwar dem ersten …

Und möchte nochmal alle daheim gebliebenen ganz herzlich grüßen und einen guten Start in die Woche wünschen!

RMD

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