Eine meiner Thesen ist:
Werkzeuge müssen Menschen dienen.
Nicht die Menschen den Werkzeugen!
Das gilt auch für Schreib-Werkzeuge!
Ich mache jetzt mehr als 50 Jahre IT. Das heißt auch 50 Jahre schreiben. 50 Jahre individuelle Texte formulieren. 50 Jahre sich mit Schreibgeräten und Rechenmaschinen herumschlagen. Auch 50 Jahre Frust durch Verlust von Daten und damit Arbeit.
Heute mache ich mal eine Rückschau auf meine digitalen Schreibgeräte. Dies rein erzählend.
Am Anfang meines IT-Lebens war der Lochstreifen. Und mein digitales Schreiben begrenzte sich auf das Erstellen von Programmier-Code. Die Programme waren einfach, Kommentare waren damals nicht so üblich. So waren die Texte kurz. Das Werkzeug war der Fernschreiber. Das ging so weit ganz gut, weil ich Schreibmaschine-Schreiben in der Schule gelernt hatte und der Weg von der Schreibmaschine zum primitiven Fernschreiber nicht so weit war.
So wurde es nicht beim Schreiben spannend sondern beim Verschreiben. Dann wurden alle Tricks genutzt, die Doppelarbeit vermeiden sollten. Die Fehlerbehebung wurde zur oft trickreichen Bastlerarbeit am Lochstreifen.
Dann kamen die Lochkarte. Es wurde üblich, dem Code Kommentare hinzuzufügen. So wurden die Programme länger. Da hatte man schon mehr zu schreiben. Und so war ein Programm plötzlich ganz schön schwer. Lnange Blechschubladen mit vielen Kilos an Karton.
Die Lochkarten wurden mit großen und schweren Spezialmaschinen gestanzt, die Lochkartenstanzer genannt wurden. Von der Bedienung her war das aber im wesentlichen auch wie bei der Schreibmaschine.
Der teuere Softwareentwickler hat aber nicht mehr selber getippt, sondern hat seine Programme auf Lochkartenpapier geschrieben. Das war ein Papier, mit einem Vordruck wie er auf der Lochkarte auch war, meistens mit 80 Spalten. Das Werkzeug waren der gespitzte Bleistift und der Radiergummi.
Der nummerierte Stapel Papier ging dann zum Stanzen. Das erledigten Spezialkräfte, die im ersten Lauf die Löcher in den Karten erzeugten, die im Korrekturlauf mit einer Zweiterfahrung kontrolliert wurden. Oft wurden die Arbeit mit Linienflugzeugen in ferne Länder geflogen und dort erledigt. So enstand das „off-shoring“.
Wenn die Lochkarten zu mir zurück kamen, habe ich sie nochmal durchgeschaut. Und dann ging es los ins „Versuchsfeld“ zum Lochkartenleser.
Das sollte sich alles schlagartig ändern, als die „Datensichtgeräte“ oder „Terminals“ kamen. Die Programmierer schimpften, dass sie unmöglich auf so einer Flimmerkiste Programme schreiben könnten. Und wollten beim Bleistift bleiben.
Die Rechner haben sich auch weiter entwickelt. So produzierten wir mit IT-Systemen auch Dokumentation, Geschäftspost und vieles mehr. Eigentlich alles, was man bis dahin auf Schreibmaschinen oder -automaten oder gar Druckern gemacht hatte.
Die Datensichtgeräte waren Geräte für BS1000 und BS2000 (Siemens) und OS bei IBM. Alles waren sehr komplizierte und schwere (und teuere) Endgeräte, in die man Texte eintippte und die Eingabe mit einer speziellen Taste zur Datenübertragung abschloss.
„In den Rechnern“ gab es mark-up-languages, die doculity oder ähnlich hießen und die in den Texten Anweisungen für Textformate enthielten, wie neue Zeile und neuer Absatz oder Textattribute wie fett oder invers. Das waren die mark-ups, die mit einem Fluchtsymbol gekennzeichnet waren. Das Fluchtsymbol war ein Sonderzeichen, das im Text nicht gebraucht wurde. Mit den entsprechenden Programmen konnte man ganz schön formatierte Dokumente generieren.
Die Editoren dazu hießen bei Siemens im BS 2000 EDT oder Edor. Sie hatten unterschiedliche Strategien, die schon geleistete Arbeit zu sichern. Bei beiden Systemen ging bei Rechnerabstürzen immer ein wesentlicher geschriebener Teile verloren, so dass der Frust zum treuen Begleiter der Arbeit wurde. Trotzdem war es schon viel besser, die Texte so zu schreiben als mit der Schreibmaschine.
Noch mal einen Fortschritt zu meiner Zufriedenheit gab es kurz darauf, als ich bei Softlab mit Pet/Maestro arbeitete. Die Chefs fragten sich, ob man das System so nennen dürfte, denn sie hatten entdeckt, dass pet ein englisches Wort war. Aber das System hatte eine intelligente Speicherlösung, die Datenverlust komplett reduzierte. So konnte man gut damit arbeiten, obwohl das System wahrlich oft abstürzte. So gabe es halt viele Hochfahr-Pausen, die wir zu Kaffee-Pausen umfunktionierten. Eigentlich war ich da das erste Mal in der IT glücklich, was den Datenverlust betraf.
PetMaestro war aber nur eine kurze Episode in meinem IT-Leben. Alle diese Schritte führten zu einer kontinuierlichen Verbesserung meiner Arbeitssituation und zu einer Erweiterung der Funktionalitäten.
Und es ging weiter aufwärts – eine weitere wesentliche Verbesserung brachte Unix mit seinen zeichenorientierten Terminals, auch VT 100 kompatibel genannt. Da machte das Arbeiten mit Text schon richtig Spaß. Nicht nur, weil es da unseren Texteditor HIT gab. Mit Datenverlust war Schluss, den den gab es nur noch, wenn das Unix mal abstürzte. Und das geschah immer seltener.
Die Editoren waren dann – bei Siemens – ced (c-editor für die Programmiersprache c) und in der großen Welt vi – der Unix-Editor. Zum Formatieren gab es Systeme wie n-roff und t-roff. Alles Standard und alles funktionierte, es war das Paradies.
Und dann kam Microsoft und Word. Das war ein großer Rückschritt. Noch schlimmer wurde es mit der Graphik. Mit dem schönen Wysiwyg (und word) war Verlässlichkeit und Sicherheit dahin. Und die Welt wurde langsam.
Vor dem PC unter DOS konnte ich mich noch drücken. Aber mit dem Aufkommen des Client-Server-System war ich auch auf einem Fat-Client und benutzte Winword. Das war ein großer Rückschlag – ich brauchte wieder deutlich länger für meine Dokumente. Und habe wieder viel umsonst gearbeitet. Weil das „recovery“ oft nicht so richtig funktionierte.
Heute ist das alles vorbei. Ich habe Google und kann mit Docs wunderbare Dokumente schreiben. Im Chat merke ichgar nicht mehr, dass ich einen Editor benutze, es ist selbstverständlich geworden zu schreiben. Und das Tablet bereitet mir die Worte vor. Aber ich kann auch aufhören mit Text und ganz einfach asynchron über Audio und Video kommunizieren. Ein Traum ist Realität geworden.
Fürs Internet gibt es viele tolle Systeme wie Blog Editoren und Content Manager. Und auch da kann ich einfach vom Dokument zum Podcast oder Video wechseln. Einfach, schnell und mit hoher Qualität. Und bei Bedarf kann man das gesprochene Wort auch schnell mal digitalisieren. Die Texte diktiert man – ohne Sekretärin wird die Sprache automatisch „verschriftet“! Und wer es mag, der kann auch mit Handschrift „revisible code“ erstellen.
Aber es droht eine neue Bedrohung – das nach der DSVOG und ISO 27001 sichere Arbeitsgerät, sei es Laptop oder Handys. Wenn der so richtig gut geschützt ist, dann kann das Arbeiten auch schnell aufwändig werden. Besonders wenn man Hyperlinks nutzt. Und Hyperlinks sind der Honig des Internets!
RMD