Von Helden, Gladiatoren und Konsumenten.

220px-Weltmeister_autograph_1954Eberhard Huber hat in Dornbirn bei einem der frühen PM-Camps eine tolle Session mit der Überschrift „Kulturzwiebel“ gehalten. Ich habe darüber berichtet.

Die „Kulturzwiebel“ beschreibt modellhaft soziale Systeme, wie zum Beispiel auch die Bundesrepublik Deutschland eines ist. Die Schalen der „Zwiebel“ sind so z.B. ihre Symbole, Rituale, basic beliefs, Überzeugungen, Werte …. Und ganz speziell spielen die „Helden“ des Systems auch eine Rolle.

Diese Session hat mich angeregt und ich habe mich auf die Suche nach meinen „deutschen“ Helden begeben. Dabei habe ich an die großen Klassiker der Literatur (Goethe, Schiller … ) an moderne Schriftsteller (Brecht, Grass …) und an Philosophen (Kant, Nietzsche …) gedacht.  Ich habe mir weiter überlegt, ob Politiker (Erhard, Brandt …), Menschen im Widerstand (Scholl, Staufenberg), Komponisten (Bach, Beethoven …) und Musiker (Lindenberg, Nina) und viele mehr für mich als meine  Helden in Frage kommen.

Keine und keiner von diesen konnte niemand meinen Anspruch an einen „deutschen Helden“ oder eine „deutsche Heldin“ zufrieden stellen. Da ich leidenschaftlicher Fußballer war und bin, habe ich dort weiter gesucht. Beckenbauer, Haller und Uwe Seeler (der noch am ehesten) waren es aber auch nicht.

Und dann kam mir der Gedanke:
Die Fußball-Weltmeister von 1954 – die Helden von Bern – die sind es! Diese Mannschaft fand ich noch am ehesten würdig, meine „Deutsche Helden“ zu sein.

Aber das ist jetzt 61 Jahre her. Jetzt leben wir im 21. Jahrhundert. Vor kurzem habe ich das Finale der Champions League Juventus gegen Barcelona 2015 in Berlin im Frensehen verfolgt. Und wieder einmal mehr war ich verwundert, wie exzessiv eigentlich all die Stars von heute tätowiert sind. Und habe auch über die ausgefallenen Frisuren gestaunt.

Und dann ist es mir schlagartig klar geworden:
Die Fußballer von heute sind die Gladiatoren unserer Zeiten. Die Tattoos und ihre gefärbten Kamm- und sonstigen Frisuren sind Teil ihrer Kriegstracht. Ihre Herren sind die Vereine und dahinter die großen Konzerne. Für die kämpfen sie und von denen werden sie für ihren Kampf bezahlt. So und gestützt von weiteren Marketingmaßnahmen werden die Konsumenten abhängig gemacht und bei Kauflaune gehalten. Diese bejubeln „ihre“ Gladiatoren und kaufen folgsam die Produkte der Herren derselbigen.

So sind die Wettkämpfe unserer Gladiatoren die größten Spektakel unserer Zeit. Wenn die „richtige Seite“ siegt, flippt das Volk aus, wenn sie verliert, sind die Fans (das Konsumentenvolkt) zu Tode betrübt und verbrennen ihre Fahnen.

Fußballer sind die modernen Söldnern der Neuzeit. Sie „spielen“  für den, der am meisten zahlt. Aber vor allem kämpfen sie für den Konsum der Masse. Es geht nicht mehr um panem et circenses zur Ablenkung und Unterhaltung der Menschen wie im alten Rom sondern um Umsatz und Profit, also um die „Kohle“ (vulgo das Geld) der Masse.

Ich denke mir, dass diese Entwicklung ein Anzeichen für die Dekadenz unserer Zeit ist. Der Dekadenz, die als Vorstufe des Endes in prosperierenden sozialen Systemen kurz vor deren Untergang auftritt.

Wir aber wissen, dass Innovation kreative Zerstörung ist und freuen uns schon auf das Neue. Und genießen die morbide Freude am Untergang all derer, die an dieser Entwicklung schuld sind. Bloß sind damit wir alle gemeint.

RMD

P.S.
Es gibt auch so eine Art Ausbeutungs- und Versorgungsorganisation der Gladiatoren. Die nennt sich FIFA und verdient viel Geld mit den neuen Spielen.

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