Oder auch: Mein Haus, meine Yacht, mein Porsche, meine Frau, mein Klavier, mein Fernseher
Wenn der Radler so durch Riemerling und Ottobrunn nach Unterhaching unterwegs ist, dann sieht er immer wieder ganz neue Villen. Gelegentlich sind sie im Bauhausstil gebaut.
Ganz weiß, eine einfache, funktionale aber großzügig anmutende Architektur mit wandgroßen Fenstern, alles riecht so richtig nach Design.
Leider stehen diese Häuser dann dicht gedrängt zu mehrt auf einem Grundstück, auf dem früher ein Einfamilienhaus mit großem Garten stand. Und die Häuser in der ersten Reihe liegen erstaunlich nah an der Strasse, so dass der Radler ganz ungeniert hineingucken kann.
Vor der großen Doppelgarage steht dann der SUV oder die Luxuslimousine und der obligatorische Sportwagen oder das Cabrio (Mittlerweile immer mehr in weiß). Unter die BMW Z4 und Kompressorsportwagen von Daimler mischt sich sogar ab und zu ein bescheidener Eos (was für ein Name – ist da das “r” verloren gegangen?).
Ab und zu machen solche Häuser sogar einen bewohnten Eindruck. Dann gibt es eine Mutter mit 2 Kindern, alle drei ein wenig Schicki-Micki aussehen. Den Vater sieht man nie (außer wenn er am Sonntag die Reifen am Porsche wechselt).
Wenn der Radler (fast zwangsläufig) über die niedrige oder noch nicht vorhandene Hecke ins Wohnzimmer schaut, dann ist er beeindruckt. Drinnen sieht es aus wie im Magazin “Schöner wohnen”. Die Statue steht auf dem Kamintischchen, die moderne Essecke (quadratisch, wie das Haus) licht im Raum, und vor einem gigantischen aber ultradünnen Plasmafernseher das Designersofa. Und ganz heimlich an der Wand ein Klavier!
Der Radler ist ja zu allen Zeiten unterwegs. So sieht er die Fernseher häufig laufen. Am Abend, in der Nacht, aber auch am frühen Morgen und am Mittag. Aber Klavierspielen hat er noch nie jemanden gesehen! Wahrscheinlich wird das Instrument dann einmal im Jahr bei der Cocktailparty eingesetzt und muss dann vorher gestimmt werden.
Und dann fällt mir ein, dass es so um die (vorletzte) Jahrhundertwende, also so um 1900, war. Klaviere standen hoch im Kurs, die Durchdrängung der Berliner Haushalte mit Klavieren war erstaunlich hoch. Ich habe da mal eine Zahl gelesen, die so um 40 % war. Hat mich verblüfft.
Allerdings gab es damals noch keine Radios, Stereoanlagen und Fernseher gegeben. Das Grammophon war auch gerade erst erfunden worden. Außer dem Lärm von der Straße (vor allem Pferde und Menschen, in besonderen Lagen die Tram) war es noch so richtig leise. Wer Musik hören wollte, musste selber spielen oder jemanden haben, der spielen konnte.
Heute hat der Radler (wenn er will) seinen MP3-Player mit integriertem Radioempfänger dabei. Und da ist unendlich viel Musik drin.
Ja, auf solche Gedanken kommt man auf dem Weg von Ottobrunn nach Unterhaching.
RMD
P.S.
Zugerne hätte ich ein paar Fotos von den weißen Villen gemacht. Aber das darf man ja wohl nicht, fremde weiße Villen einfach so ins Internet stellen. Das abgebildete Klavier habe ich aus Wikipedia.
(translated b EG)
2 Antworten
> Zugerne hätte ich ein paar Fotos von den weißen
> Villen gemacht. Aber das darf man ja wohl nicht,
> fremde weiße Villen einfach so ins Internet stellen.”
wäre zwar wohl durch die “Panoramafreiheit” (http://de.wikipedia.org/wiki/Panoramafreiheit) im Urheberrechtsgesetz abgedeckt, aber einfacher ist es, zu warten bis Google auch in Deutschland endlich den “Street View” freischaltet. Dann reicht ein Link 😉
Gruß
Rainer
Oh, ich hab’ den Eintrag heute erst entdeckt, als Lesehinweise am Ende von der Geschichte vom Salz auf dem Radlweg…
Ich kann bestätigen, dass es diese Villen auch zwischen München und Unterföhring gibt. Mit SUVs oder anderen auffällig großen Autos vor der Tür, großen Fernsehgeräten im Wohnzimmer, das oft genug ziemlich nahe an der Straße ist. Neben Klavieren kenne ich auch mindestens eine solche weiße Villa, in der eine Harfe wohnt. Allerdings kann ich auch berichten, dass diese Harfe gelegentlich — zusammen mit anderen klassischen Saiteninstrumenten — gespielt wird. In Bayern sagt man dazu dann wohl Stubnmusi 🙂
wolfgang