Von To-Do-Listen und Not-To-Do-Listen …

Hier mit meinem Freund Dr. Marcus Raitner auf dem legendären PM-Camp Dornbirn (2013).

Es gibt Blogs, die ich sehr gerne und ziemlich regelmäßig lese und von denen ich weiss, dass ich jeden Eintrag weiter empfehlen kann. Einer davon heißt Führung erfahren, es ist der Blog von Dr. Marcus Raitner.

Heute morgen habe ich den aktuellen Artikel von Marcus gelesen:
Von den Stoikern Gelassenheit lernen.

In diesem Artikel macht sich Marcus unter anderem Gedanken über seine Silvester-Vorsätze, die Makulatur geworden sind. Ich zitiere ihn:
„Ich wollte achtsamer mit meiner Zeit umgehen, mich stärker fokussieren und besser priorisieren.“

Und natürlich (das „natürlich“ aus meiner Sicht) ist dies ihm nicht gelungen. Das liegt nicht daran, dass er zu schwach war. Im Gegenteil, es ist ganz normal, weil solche Regeln im Leben nicht funktionieren, wie Marcus bestätigt:
„Wie bei so vielen anderen ist mein Kalender voll und unerreichbar scheint die 5-Stunden-Regel, also nach dem Vorbild von Bill Gates oder Warren Buffet fünf Stunden pro Woche in Reflektieren und Lernen zu investieren.“

Abgesehen dass (auch wieder aus meiner Sicht) diese 5 Stunden-Regel falsch ist. Wenn dann meine ich eher, dass man sich vornehmen sollte, am Werktag (!) maximal 5 Stunden fremdgesteuert zu leben und die restliche Zeit der Woche sich selber zu schenken. Maximal schreibe ich, weil diese 5 Stunden Fremdsteuerung für mich auch schon zu hoch ist.

Noch ein Zitat von Marcus:
„… ist irgendwie alles interessant oder wichtig (oder könnte es mal sein) und entsprechend übervoll der Kalender und die To-Do-Liste. Fokussierung ist zuallererst also eine Frage der Selbsterkenntnis.“

An To-Do-Listen wie auch an Not-To-Do-Listen glaube ich nicht. Diese bewirken das Gegenteil von dem was sie sollen. Selbsterkenntnis ist freilich eine wichtige Voraussetzung für den Wunsch nach Veränderung. Da geht es nicht nur darum, im vorhandenen Lebensrahmen Prioritäten zu setzen oder Dinge anders zu machen und das eine oder andere Muster zu brechen. Vielmehr muss die Veränderung radikal sein. Man muss quasi in ein „Neues Leben“ starten.

Dazu habe ich einen Vorschlag: Eine guter Einstieg in die Veränderung des eigenen Leben ist, wenn man einfach zwei Dinge komplett aus seinem Leben streicht. Für wesentlich halte ich:

  • Auto fahren
  • Vom Wecker wecken lassen.

Das ist nicht humoristisch gemeint. Wenn man das schafft, ist man ein gutes Stück weiter auf dem Weg zum Glück. Mir ist beides gelungen. Und seitdem ich nicht mehr regelmäßig ins Auto muss, geht es mir viel besser.

Nicht mehr Autofahren bedeutet z.B. mehr Radfahren. So hat man wieder Bewegung an Stelle der unsäglichen Stillstellung unter Anspannung am Lenkrad. Man gewinnt Zeit. Und wenn man kein Auto mehr hat, bedeutet dass für die meisten Menschen, dass sie ein ganz schönes Stück weniger arbeiten müssen. Sie müssen ja das Geld fürs Auto nicht mehr verdienen.

Auch der Verzicht auf den Wecker verändert das Leben radikal. Man geht früher ins Bett, isst abends weniger und vermeidet sinnlose Besprechungen am frühen Morgen. Und der Körper bekommt immer die Menge an Schlaf, die er halt braucht. Das führt zu mehr Gesundheit und einer besseren Performance.

Gerade einem Unternehmer oder Manager (Manager ist ein Unwort, früher hat man diese Rolle  als „Führungskraft“ oder „Leitung/Leiter von irgend etwas bezeichnet“) ist es eher möglich sein Leben selbst zu bestimmen als z.B. einem Lokomotivführer oder Arzt! Das ist ein großes Glück für uns Unternehmer und Führungskräfte, die wir über weit mehr Freiräume und Möglichkeiten verfügen als die meisten Menschen auf dieser Welt. Wir müssen sie uns nur nehmen – und als Spitze von new work vorleben. Es liegt nur bei uns.

Der Haken an des Sache ist, dass wir von lieben Gewohnheiten Abschied nehmen. Und das will keiner. Aber es wirkt! Das garantiere ich Euch. So wie Euch zu 100 % versichern kann, dass wenn Ihr in den Spiegel lächelt, Ihr jemand sehen werdet, der Euch anlächelt. Und das ist schön. Also: In den Spiegel lächeln, das Auto verkaufen und den Wecker wegsperren!

Übrigens:
Marcus formuliert in seiner Vorstellung eine schöne Metapher:
Ich bin der festen Überzeugung, dass Elefanten tanzen können.

Hier mit Dr. Stefan Hagen auch auf dem PM-Camp Dornbirn im Oktober 2013.

Das ist vielleicht der einzige wesentliche Punkt, wo Marcus und ich verschiedener Meinung sind.

Die Elephanten-Metapher von Marcus meint, dass Grosskonzerne „agil“ werden können. Ich glaube nicht, dass diese Transformation in möglich ist. Und kann mir da auch die berühmte Ausnahme von der Regel nicht vorstellen. Ich habe den Versuch von Transformation in Konzernen immer scheiter gesehen. Bestenfalls sind kleine „Biotope“ entstanden, die dann aber schnell wieder von der Realität eingeholt wurden.

Also weg mit dem Business-Zirkus, in dem komische aber irrsinnig gut bezahlte Schauspieler des Fachs Business-Theater den von ihnen verwalteten (und ausgebeuteten) „Elephanten zum Tanzen“ bringen wollen. Und hin zu einem schönen Leben in der Arbeit. In dem wir uns als faule Führungskräfte darauf beschränken, für die Menschen (z.B. unsere Mitarbeiter und Kunden) zu wirken und für sie da zu sein!

Auch wenn wir dann keine Millionen-Gehälter und -Abfindungen bekommen werden, wie die Stars des Business-Theaters. Die es im übrigen gar nicht braucht.
🙂 Weder die Millionen noch das Business-Theater.

RMD

2 Antworten

  1. Lieber Roland, ich fühle mich geschmeichelt. Und gleichzeitig erinnert es mich, wie sehr das PM Camp Dornbirn fehlt. Auch und gerade weil wir zwei es trotz räumlicher Nähe sonst nicht schaffen uns zu treffen … Eine Anmerkungen zu dem tanzenden Elefanten: diese Metapher habe ich mir bei Lou Gerstner dem ehem. CEO von IBM ausgeliehen. Ob und inwieweit ihm das wirklich gelang bei IBM kannst du bestimmt besser beurteilen. Ob und inwieweit meine Tanzstunden erfolgreich sind, wird sich erst noch zeigen …

  2. Wie auch immer, ich drück Dir die Daumen. Lass die Elefanten tanzen. Das ist ein schöner Traum. Und beim nächsten Treffen bring ich einen Verona vom Supremo mit!

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