Jetzt ist auch die Heidelberg unter dem Rettungsschirm. Das Unternehmen kenne ich noch gut aus unserer „Print on Demand“-Zeit (das war wohl am Ende der Ära Mehdorn bei Heidelberg). Der Hersteller von Druckmaschinen war damals eine ganz feine Adresse (ich erinnere mich an die Drupa 2000) und ich hätte sie gerne als Partner gewonnen. Leider hat es nicht geklappt.
Um einen Platz unter dem Schirm zu bekommen, müssen Voraussetzungen erfüllt sein. Eine Bedingung für den Wirtschaftsfond ist, dass die Probleme der in Not geratenen Firmen nicht durch hausgemachte Managementfehler ausgelöst wurden.
Die Süddeutsche schreibt dazu:
Tatsächlich sind die Probleme bei Heideldruck weniger auf jahrelanges Missmanagement als vielmehr auf die grassierende Werbeflaute im Zuge des weltweiten konjunkturellen Abschwungs zurückzuführen. Als Weltmarktführer bei Bogendruckmaschinen leidet der Maschinenbauer besonders drastisch unter der Nachfrageschwäche, ausgelöst durch wegbrechende Druckaufträge der werbetreibenden Industrie.
Und weiter:
Heideldruck könne als Marktführer in der Krise die erheblichen Wettbewerbsvorteile halten und sogar ausbauen, so Schreier. Das verspreche bei wieder anspringender Konjunktur entsprechend gute Wachstumsaussichten.
Ist es wirklich so einfach? Wie kann man eigentlich bewerten, was ein Managementfehler ist? Wieso brauchen Marktführer mit erheblichen Wettbewerbsvorteilen Hilfe? Wird da nicht die Konkurrenz benachteiligt? Und wie kann man dann anderen unverschuldet (?) in Not geratenen Unternehmen eine ähnliche Hilfe verweigern?
Könnte das alles unseren eh schon verschuldeten Staat nicht noch weiter ruinieren?
In meinem kleinem Mikrokosmos sieht die Welt anders aus. Zuerst schüttele ich jeden Morgen das viele Hochglanzpapier aus der Sueddeutschen, ohne es zu lesen. Dann denke ich mir, dass das nichts nützt und man es wirklich nicht braucht und entsorge es zum Altpapier. Und wäre froh, wenn das Zeug nicht mehr drin und auch in der Zeitung weniger Papier ganzseitig mit Werbung beschmutzt wäre. Würde ich auch gerne mehr bezahlen.
Dass der Druckermarkt von dem durch das Internet ausgelösten wesentlichen Wandel bei Marketing und Medien tangiert wird, ist alles andere als überraschend. Mag sein, dass der Rückgang der Nachfrage für Bogendruckmaschinen auch konjunkturelle Ursachen hat. Aber vor allem dürfte das eine strukturelle und vorhersehbare Entwicklung sein.
Eine Bundesbürgschaft mit der impliziten Hoffnung auf bessere Zeiten nach der Krise könnte das notwendige „Change Management“ eher behindern und wäre sogar noch schädlich.
Aber derweil stehen schon Handelshäuser (ARCANDOR), (die sich eigentlich freuen müssten, weil Konkurrenten wie Hertie verschwinden) und Automobilunternehmen wie PORSCHE (die zwar überschuldet sind und kaum mehr Autos verkaufen, ansonsten aber völlig gesund sind) oder auch die CONTI/SCHAEFFLER in der Warteschlange vor dem Schirm. Und viele mehr
Ein paar kleinere, wie die Aksys GmbH, ein Zulieferunternehmen der Automobil-, Hausgeräte- und Bauindustrie aus Worms, haben übrigens einen negativen Bescheid bekommen. Wahrscheinlich sind sie nicht „systemrelevant“.
Ist schon eine verrückte Welt. Wie hat Gus Backus mal gesungen?
RMD
Eine Antwort
Ich habe ungewöhnlich Erinnerungen an Heidelberg-Maschinen. In den spät fünfziger Jahren hat mein Vater entschieden sein Chess Zeitschrift selbst zu drucken. Er hat gehofft sowohl Geld zu sparen als auch „Zeit zur Presse“ zu reduzieren. Ich kann erinnern wie meine Mutter geweint hat, weil sie es als noch eine Fehlinvestition gesehen hat.
Am Anfang lief das mit der Hilfe einen „one man“ Firma in der nähe. Die älteren Wood-Kinder haben geholfen. Ich habe einmal Schaden an der Druckmaschine verursacht, aber nicht sehr schlimm. Der Drucker, ein Kettenraucher, hat einen extremen ungesunden Eindruck gemacht. Ich erinnere, wahrscheinlich falsch, dass er TB hatte.
Bald hat es Vati nicht gereicht. Er hat Räumen in alten Bahnhofgebäuden billig gemietet, einen sechswöchigen Kurs gemacht, und eigene Maschinen gekauft. Mit Hilfe seinen Kinder, und einen (Teilzeit) Druckdozent, hat er selbst mit Monotyp-Technik die Zeitschrift gedruckt. Wegen der mächtigen Druckgewerkschaft war es kaum möglich jemand anzustellen; (der Druckdozent galt als Sonderfall). Später hat die Gewerkschaft diese Macht verloren.
Vati hat fast alles gesetzt. Die Kinder haben fast alle anderen Maschinen getrieben. Als stärkstes Kind war ich besonders verantwortlich dafür 50-kilo Packungen von Papier auf zu schneiden. Auf der Schneidemaschine gab es einen primitiven Sicherheitsmechanismus. Einmal hat es mein Hand gerettet. Das war Gluck!
Einmal, als Vati in Ausland war, habe ich bis auf Setzen fast alles selbst gemacht. Gerade diesmal hat Vati billig Papier gekauft. Die Druckmaschine hat es oft nicht geschafft Einzelblätter aufzulesen, und hat immer wieder geklemmt.
Am Ende war das alles ein finanzieller Erfolg. Ich habe Spaß gehabt, und viel gelernt. Die Monotypmaschinen für Typmetalgießen waren faszinierend. Die Zeitschrift hatte Berichte über Tourniere die noch nicht zu Ende waren. Der Nachfolger sieht mehr professionell aus, braucht aber 2 oder 3 Monate um die Nachrichten zu bringen.
Übrigens, Roland hat Recht. HP hat riesig Erfolg mit Drucken. Warum ist Heidelberg nicht in diesem Geschäft? Ähnlich ist wie IBM die PC-Welle verschlafen hat. Nur könnte IBM sich als Software-Produzent retten. (Ich und anderen haben den ICL in den Spät-60ern auch empfohlen auf Software zu konzentrieren, aber niemand hat uns ernst genommen).
Roland hat auch Recht das viel zu viel Papier für Werbung vergeudet ist.