Hier der dritte und letzte Beitrag meiner Stellungnahme zur überall anzutreffenden Sucht, die Dinge zu standardisieren und Menschen zu zertifizieren.
Vor kurzem hat mir meine „kleine“ Tochter (16 Jahre) stolz ein Zertifikat gezeigt. Sie hat es und weitere im letzten Jahr in der Schule erworben. Ich war verblüfft. Das Zeugnis zum Schulende sah nicht so gut aus, aber dafür hat sie Zertifikate gemacht.
Ich dachte, dass in der Schule Allgemeinbildung vermittelt und so die „allgemeine Hochschulreife“ erreicht wird. Und das Erreichen dieser „Reife“ durch Zeugnisse dokumentiert wird. Anscheinend reichen Zeugnisse nicht mehr. Auch die Schulen gehen mit dem Trend und vergeben jetzt Zertifikate.
Aber was ist der Sinn? Meint auch „Schule“, sich vor der scheinbaren Schnelligkeit dieser Welt nicht verschließen zu dürfen? Will sie die Kinder auf ihre Rolle als Spezialisten vorbereiten, damit sie später besser als tüchtiges kleines Zahnrad in der Erwachsenenwelt funktionieren? Weil nach der Mogelei bei den Produkten auch noch das Wissen und Können zertifiziert werden muss?
Bildung und auch der Erwerb von neuen Fertigkeiten ist doch etwas Persönliches und Privates. Man lernt und übt zuerst mal für sich selbst. Bringt die eigenen Interessen und Werte ein. Und sucht sich erfahrene Meister, an deren Seite man noch mehr lernen kann. Um dann selbstbewusst und selbstkritisch auf das eigene Können und die eigene Erfahrung zu schauen, aber nicht auf eine Sammlung von Zertifikaten.
Mit dem eigenen Können kann man sich dem Markt stellen. Nicht als „funktionierendes und ausführendes kleines System“, sondern als Mensch mit Kreativität und Freude an der Arbeit. Und nur so kann man sich auch Schritt für Schritt weiterentwickeln. Ohne Angst vor der Zukunft.
RMD