Wer wettet nicht gerne? Besonders, wenn er sich sehr gut auskennt? Wie die meisten deutschen Männer beim Fußball?
Mich hat die Zukunft schon immer gefesselt. Einer meiner frühen Berufswünsche neben Filmemacher war Zukunftsforscher. Geworden bin ich dann Programmierer und später IT-Unternehmer. Mein Thema war Digitalisierung – so habe ich mich dazu mit Vorhersagen versucht. Meistens lag ich falsch, weil die technologische Entwicklung schneller ging, als ich dachte. Nur bei den Flachbildschirmen war es anders. Da lag ich auch falsch, die Verdrängung der „Röhren-Geräte“ durch die „Flach-Bildschirme“ dauerte deutlich länger als ich es erwartet und vorhergesagt hatte.
Ab und zu habe ich mich auch außerhalb der IT als Vorhersager betätigt. Dazu gibt es eine lustige Geschichte. Es war eine Wette, bei der ich eine Kiste Champagner gewonnen und bis heute nicht erhalten habe. Obwohl Wettschulden ja Ehrensache sein sollen.
Die Geschichte geht so.
Wir sind im Jahre 1993. Gerade ist der Focus das erste Mal erschienen. Er wird als Alternative zum Spiegel konzipiert, dem deutschen Nachrichtenmagazin, von dem Verlag Hubert Burda Media kreiert und auf den Markt gebracht.
Ein geschätzter Mitarbeiter – nennen wir ihn A. – hat eine der frühen Ausgaben des „Nachrichten-Magazins“ Focus gekauft und auf der Rückfahrt von seinem Kunden gelesen. Er zeigt ihn mir, weil er entsetzt ist. Die Oberflächlichkeit und Tendenziösität des Magazins haben ihm zugesetzt.
A. meint, dass das Projekt Focus scheitern müsse und und dieses Magazin rasch wieder vom Markt verschwinden würde.
Spontan bin ich geneigt, A. zu zustimmen. Auch mich erschreckt das Machwerk. Ich stimme A. zu – Focus ist bunt, grell und simpel.
Auf mich wirkt Focus schon damals oberflächlich und primitiv.
Aber – ist das nicht der Trend unserer Gesellschaft? Und die Zukunft?
So widerspreche ich A. Es entwickelt sich ein kleiner Disput und am Ende kommt es zur Wette.
Der Einsatz ist eine Kiste Champagner.
Die Wette wird formuliert:
A. und Roland wetten. Roland geht davon aus, dass es der Focus erfolgreich sein wird und es das Magazin in 10 Jahren noch geben wird. Andreas wettet, dass der Focus vor Ablauf der 10 Jahren wieder verschwinden wird.
Der Verlierer dieser Wette schuldet dem Gewinner eine Kiste guten Champagners.
Ich trage den Text in mein Notizbuch ein und warte. Nach 10 Jahren (2003) habe ich die Wette gewonnen. Bekomme aber keinen Champagner. A. ignoriert meine Forderung.
Heute (2019), nach mehr als 25 Jahren gibt es beide immer noch, den Spiegel und den Focus. Hier die Zahlen der aktuellen Papierauflage (da führt immer noch der Spiegel).
Spiegel:
Die verkaufte Auflage beträgt 712.268 Exemplare, ein Minus von 32,6 Prozent seit 1998.
Focus:
Die verkaufte Auflage beträgt 413.276 Exemplare, ein Minus von 47,2 Prozent seit 1998.
Wer im Online-Bereich führt, weiß ich nicht. Dass die Papierauflagen zurückgehen, wundert nicht. Das scheint mit Ausnahme von ganz wenigen Zeitungen und Magazinen (zum Beispiel brand eins) bei allen gedruckten Medien so zu sein. Die Auflage (in verkaufte Stück) und die inserierte Werbung (in T€) gehen zurück.
Meine Wahrnehmung ist, dass der Spiegel von der Anmutung eher zum Focus geworden ist. Das spricht nicht für die Qualität des Journalismus im ehemaligen Nachrichtenmagazin. Auch nicht, dass die besten Stories die erfundenen sind.
RMD