Kurzer Rückblick: Positionierung ist eine Technik, die dazu da ist, eine Marke in Ihr Hirn zu brennen („branding“ heißt das im Marketingdeutsch). Ob das gelungen ist, läßt sich bei Konsumenten mit überfallartigen Fragen herausbekommen. Schnell, an was denken Sie bei Autos ? Schnell, an was denken Sie bei Zigaretten? Schnell,…bei Computern? Was dann der Befragte spontan ausspuckt, nennt sich ungestützte Bekanntheit (oder „recall“) und wird mit Millionen und Abermillionen von Werbegeldern erkauft.
Sehr hilfreich bei diesem Millionenspiel ist neben Geld auch die Tatsache erster zu sein. Erstes Cola, erste Suchmaschine, erster Computer. Wobei es keine Rolle spielt, physischer erster zu sein (das war bei Computern auch nicht IBM, sondern Sperry-Rand), es zählt einzig und allein, kommunikativer erster zu sein. Damit Sie das werden, müssen Sie mit großem Thema und mit großer Geste auf die Bühne treten. Der Beweis für die Wichtigkeit erster zu sein sind Fragen wie: Wer war als erster auf dem Mond? Na? Genau! Und wer als zweiter? Siehste. Oder: Wer flog als erster allein über den Atlantik? Und wer als zweiter?
Wer die Leader sind, ist also klar. Und die Follower sind alle anderen.
Dabei sind die Follower durchaus unterschiedlichen Gemüts. Da gibt es die, die das gerne sind und sich mit den Brosamen vom Tisch der Großen begnügen, dann die, die schon mehr und die, die alles wollen. Also den Leader ablösen. Denn die Leaderei lohnt sich. In den Milliardenmärkten haben sie (oft auch noch mit einem starken zweiten) die ganz großen Marktanteile und die vielen Follower solche in homöopathischen Dosen. Das „Prinzip Leaders und Followers“ gilt natürlich nicht nur für die großen Märkte, sondern für alle Märkte. Also auch für Märkte, die für die Großen zu klein oder zu speziell sind. Oft helfen große Unternehmen kleineren bei der Gründung, weil sie sich dadurch keineswegs gestört, sondern sinnvoll ergänzt fühlen, wie beispielsweise bei den Autozulieferern. Manche Märkte sind ungeeignet für Großunternehmen (wie das Handwerk), aber auch hier gilt die Abgrenzung zwischen Leader und Follower:
Erster sein, verbunden mit großem Thema und großer Geste (kann auch einmal eine kleine Geste sein, man weiß ja, dass Bescheidenheit die schlimmste Form der Arroganz ist) versus kleine(ere)s Thema (beim Normal-Follower) und kleine Geste (hier findet sich auch schon einmal die große Geste, die muss man aber können, damit sie nicht albern wirkt).
Einige große Themen (auch bei den angreifenden Followern, die allesamt hoch ambitioniert sind), werden bei den folgenden Beispielen zu Wort kommen, die große Geste (in Form der dazugehörigen Werbung) werde ich andeuten. Dabei spielen auschließlich Unternehmen eine Rolle, die zweistellige Millionenbeträge einsetzen. Trotzdem läßt sich das Prinzip der Positionierung auch auf kleine und kleinste Unternehmen übertragen. Das werde ich in künftigen Folgen nachweisen.
Die Beispiele:
Coca Cola versus Pepsi Cola (in den USA)
Coca Colas Thema: The real thing.
Pepsi trat mit dem Versprechen „Choice of a new Generation“ gegen Coca Cola an. Typischer Spot: Ein Archäologieprofessor macht im Jahr 2050 eine Ausgrabung mit seiner Klasse. Sie stehen gemeinsam um ein Ausgrabungsloch, trinken ihre Pepsi, als der einzige Schüler, der arbeitet, sein Fundstück in die Höhe hält. Es ist die typische Coca Cola Flasche. Er fragt seinen Professor, was das ist. Der überlegt, kratzt sich am Kopf, und sagt: „Ich habe nicht die geringste Idee.“
Die Werbeschlacht Coca Cola gegen Pepsi Cola war eine der aufwendigsten der Werbegeschichte, bei der auf der Seite von Pepsi auch der junge Michael Jackson mitkämpfte, der mit seinem neuen Stil der Popmusik, die damalige (die auch Coca Cola verwendete) ziemlich alt ausssehen ließ.
Ergebnis: Pepsi Cola war zeitweise Marktführer in den USA, aber der Aufwand war für eine weltweite Kampagne einfach zu groß.
Nike versus Adidas und Reebok (in den USA)
Nike bewarb nicht Schuhe und Sportshirts, sondern das „Thema Sport“. Nicht kleinkariert, sondern ganz groß. Gefühle der Niederlage, des Sieges,
der Einsamkeit des Langstreckenläufers, sogar der Kampf von Gut gegen Böse wurden beworben.
Dagegen gingen Adidas und Reebok frontal an. Auch sie bewarben das „Thema Sport“ und gingen baden. Reebok verlor dabei so viel Geld und Marktanteile, dass es sich an Adidas, den etwas weniger geschwächten Mitrivalen beim Kampf um die Leader-Position, verkaufen mußte.
Marlboro gegen Lucky Strike (in Deutschland)
Marlboro hatte als erste Zigarettenmarke voll auf den Mann gesetzt und dabei den Mythos des Proto-Manns in einer archaischen Umgebung geschaffen.
Lucky Strike setzte dagegen einen jungen, unisexuellen, urbanen Lifestyle, dem es weniger gelang, der Über-Marke Marlboro viele Marktanteile wegzunehmen, aber dafür den anderen Followern, die es selbst nicht geschafft hatten, eine so attraktive Gegenpositionierung hinzukriegen.
Was lernen wir daraus?
Frontal gegen den Leader anzugehen, wie das Adidas und Reebok probiert haben, funktioniert nicht. Aber etwas anderes. Ihn zu „veralten“, wie das Pepsi Cola und Lucky Strike gemacht haben.
Ein Leader ist groß und mächtig, aber kann nicht alles. Es gibt Dinge, die traut man ihm einfach nicht zu:
Dass er jugendlich ist (das war er einmal)
Dass er klein und flexibel ist (wie sollte er auch)
Dass er exklusiv ist (bei der Größe)
Dass er aufmerksam zuhört (Thema Service)
Und einiges mehr, was der Leader einfach nicht können kann.
Alles Felder, die, wenn sie Follower besetzen, den Leader in einem neuen Licht erscheinen lassen. Er wirkt älter, unbeweglicher, banaler, schwerhöriger. Die Follower haben den Leader verändert, ohne dass er sich verändert hätte.
Ein Prinzip, das sich Re-Positionierung nennt, die Karten im Markt neu mischt und das noch viel weiter zu treiben ist, als bei den Beispielen Pepsi Cola und Lucky Strike.
Dazu aber mehr in einer zukünftigen Folge.
In der nächsten Folge geht es erst einmal um Kommunikationskartelle und Angriffsmarken.
SIX